Hans Ehard (10.11.1887 Bamberg – 18.10.1980 München)

Biographies
Verfasst von Ulla-Britta Vollhardt

Jurist, Untersuchungsführer im Hitler-Prozess, nach 1945 CSU-Politiker und bayerischer Ministerpräsident

Der einzige Sohn eines katholischen städtischen Beamten wuchs in Bamberg auf. 1907 ging er zum Studium der Rechts- und Staatswissenschaften nach München und schloss das Studium 1912 mit der Promotion in Würzburg ab. Nach vierjähriger Kriegsteilnahme und dem Abschluss seines juristischen Referendariats wurde Ehard 1919 in das bayerische Justizministerium übernommen und trat der neugegründeten Bayerischen Volkspartei (BVP) bei. 1922 zum II. Staatsanwalt beim Landgericht München I berufen, ermittelte er als Untersuchungsführer im Hochverratsverfahren gegen die Putschisten des 9.11.1923 und vertrat 1924 zeitweise die Anklage im sogenannten Hitler-Prozess. Sein Eintreten für ein schärferes Vorgehen vor Gericht und gegen Hitlers vorzeitige Entlassung blieb erfolglos. 1926 wurde Ehard Landgerichtsrat, 1928 Oberregierungsrat und 1931 Ministerialrat im Justizministerium.

Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme wechselte er auf eigenen Wunsch auf eine politisch weniger herausgehobene Position am Oberlandesgericht München, wo er als Senatspräsident mit Zivilrechtsangelegenheiten befasst war. 1937 wurde er zudem Vorsitzender des Erbhofgerichts im OLG-Bezirk München, 1942 des Deutschen Ärztegerichtshofs. Seit Oktober 1933 gehörte Ehard dem NS-Richterbund an; der NSDAP trat er nicht bei. Entsprechend wurde er 1947 als vom Befreiungsgesetz nicht betroffen entnazifiziert. Bereits 1945 war Ehard in die CSU eingetreten und von dem ersten bayerischen Ministerpräsidenten Fritz Schäffer (CSU) mit dem Aufbau der Justizverwaltung betraut worden. Unter dessen Nachfolger Wilhelm Hoegner (SPD) wurde er Staatssekretär im Justizministerium. Als Mitglied des Vorbereitenden Verfassungsausschusses und der Verfassunggebenden Landesversammlung war Ehard an der Entstehung der Bayerischen Verfassung beteiligt. Nach den ersten freien Landtagswahlen im Dezember 1946 zum Ministerpräsidenten gewählt, blieb Ehard bis 1954 im Amt. Deutschlandpolitisch vertrat er einen dezidierten Föderalismus, der ihm als Garantie für ein demokratisches Deutschland galt. Von 1960 bis 1962 erneut Ministerpräsident, beendete Ehard seine politische Karriere als Justizminister im Kabinett Goppel (1962-1966). Von 1946 bis 1966 gehörte er dem Bayerischen Landtag an, von 1949 bis 1955 war er CSU-Landesvorsitzender.

Quellen

Gelberg, Karl-Ulrich: Hans Ehard. Die föderalistische Politik des bayerischen Ministerpräsidenten 1946-1954, Düsseldorf 1992.
Gelberg, Karl-Ulrich/Stephan, Michael: Ministerpräsident Hans Ehard, in: Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns (Hg.): „Das schönste Amt der Welt". Die bayerischen Ministerpräsidenten von 1945 bis 1993, München 1999, S. 69-98.

Empfohlene Zitierweise

Ulla-Britta Vollhardt: Ehard, Hans (publiziert am 24.01.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel?tx_nsdlexikon_pi3%5Baction%5D=show&tx_nsdlexikon_pi3%5Bcontroller%5D=Entry&tx_nsdlexikon_pi3%5Bentry%5D=173&cHash=5404b965d2c0c0fafb9310d7fa16a85e