Ernst Freiherr von Amelunxen (1.8.1906 Aachen – 13.7.1974 München)

Biographies
Verfasst von Sibylle von Tiedemann

Oberarzt in Eglfing-Haar, beteiligt an der NS-"Euthanasie"

Ernst Freiherr von Amelunxen legte sein Abitur 1926 am Humanistischen Gymnasium in Paderborn ab. Ein Jurastudium brach er ab und absolvierte anschließend ein Medizinstudium in München. 1937 trat er in die NSDAP ein.

Er war von 1935 bis zu seiner Einberufung zur Wehrmacht im August 1941 in der Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar zunächst als Assistenz- und dann als Oberarzt tätig. Vor der Spruchkammer München gab er zu, Patienten-Meldebögen ausgefüllt und zwei Transporte der „Aktion T4“ von Eglfing-Haar beaufsichtigt zu haben. Nach neueren Recherchen war der Oberarzt – wie alle seine Kollegen – jedoch auch an Maßnahmen der dezentralen „Euthanasie“ beteiligt. Nach Kriegsdienst in Frankreich, Russland und der Ukraine war er ab Januar 1944 Luftgau-Arzt und psychiatrischer Sachverständiger bei den Feldgerichten.

Seine antisemitische und antislawische Gesinnung verdeutlicht ein Frontbrief an den Anstaltsdirektor Hermann Pfannmüller: „Dieses Land zu erobern, war für uns wirklich das Problem des Jahrhunderts. […] Was ich an russischer 'Kultur' gesehen habe, überbietet bei weitem das, was unsere Wochenschauen zeigen. […] Allerdings empfinden sie ihren Tiefstand ja wohl großenteils nicht. […] Aber alles ist ja nur der Weltjude, der jetzt hoffentlich für alle Zeiten zu Boden geschlagen wird. Gott erhalte uns nur unseren Führer!“ (StAM, Spruchkammerakten, Karton 21, Amelunxen)
Vor der Spruchkammer München wurde von Amelunxen am 1.7.1947 als Hauptschuldiger zu acht Jahre Arbeitslager verurteilt, bereits am 15.11.1948 aber von der Berufungskammer als Mitläufer eingestuft. Die Kammer fand nun seine Aussagen glaubhaft, er habe nicht gewusst, wozu die Meldebögen dienten und wohin die Transporte gingen.

Von Amelunxen war nach dem Krieg auch als Gerichtsgutachter bei einem „Euthanasie“-Verfahren tätig. Er bescheinigte einem der Hauptverantwortlichen für die Organisation und Durchführung der „Aktion T4“, Hans Hefelmann, der wegen der Ermordung von 70.000 Erwachsenen und 5000 Kindern angeklagt war, Verhandlungsunfähigkeit wegen körperlicher Schwäche und trug damit dazu bei, dass das Verfahren eingestellt wurde. Er starb Mitte der 1970er-Jahre in München.

Quellen

Staatsarchiv München, Spruchkammerakten, Karton 21, Ernst von Amelunxen.
Amelunxen, Ernst von: Über Delirien in der Eukodalentziehung, Düsseldorf 1937 (zugl. Diss. med. München 1937).

Empfohlene Zitierweise

Sibylle von Tiedemann: Amelunxen, Ernst Freiherr von (publiziert am 18.12.2023), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel?tx_nsdlexikon_pi3%5Baction%5D=show&tx_nsdlexikon_pi3%5Bcontroller%5D=Entry&tx_nsdlexikon_pi3%5Bentry%5D=21&cHash=69c64b90dcb35a64723e4fa3e54d4b42