Toni Hanny Fischer, verh. Schmidt (16.6.1923 Hannover – 12.5.1999 Bückeburg)

Biographies
Verfasst von Sarah Grandke

Verfolgte Sintizza, lebte u.a. in Eggenfelden und München

Toni Hanny Fischer (r.) mit Schwester Elisabeth, 1930er-Jahre | Privatbesitz Familie Schmidt-Fischer

Toni Hanny Fischer zog als Heranwachsende mit ihrer Familie, einer Schausteller- und Musikerfamilie, Ende der 1930er-Jahre von Nord- nach Süddeutschland. Sie arbeitete als Hausmädchen sowie als Tänzerin und Artistin im großelterlichen Zirkus. In Eggenfelden, wo Familie Fischer ab etwa 1937 lebte, war sie als Fabrikarbeiterin tätig.

Im März 1943 wurde sie in Eggenfelden festgenommen, ins Polizeigefängnis München gebracht und kurz darauf ins ‚Zigeunerlager‘ Auschwitz-Birkenau transportiert, wohin einige Tage zuvor bereits die anderen Familienmitglieder deportiert worden waren. Im KZ Auschwitz musste sie im Küchenkommando arbeiten. Aufgrund der verheerenden Bedingungen im Lager starben ihre Brüder Hugo und Adolf Heinz Fischer schon nach wenigen Wochen. Auch der Vater Hugo Fischer kam 1943 im ‚Zigeunerlager‘ ums Leben.

Toni Hanny Fischer sowie ihre Mutter und ihre Schwester Marianne wurden im Sommer 1944 ins KZ Ravensbrück transportiert, von wo aus sie im Frühjahr 1945 auf tagelangen Transporten unter katastrophalen Bedingungen ins KZ Mauthausen und weiter ins KZ Bergen-Belsen verschleppt wurden. In den letzten Kriegstagen erkrankte Toni Hanny Fischer an Flecktyphus und musste noch Wochen nach der Befreiung im Krankenhaus behandelt werden.

Sie heiratete im Februar 1947 Hermann Wilhelm Schmidt. Auch er war als ‚Zigeuner‘ von den Nationalsozialisten verfolgt worden und hatte einen Großteil seiner Familie im Konzentrationslager verloren.

Toni Hanny Schmidt, wie sie nun hieß, lebte mit ihrem Mann einige Zeit in München. Ende der 1940er-Jahre zogen sie mit ihren zwei Kindern nach Hannover. Erst 1982 erkannte die Bundesrepublik die nationalsozialistischen Verbrechen an den Sinti*zze und Rom*nja als rassistisch begründeten Völkermord an, weshalb zuvor oftmals keine oder nur sehr geringe Wiedergutmachungszahlungen an Sinti*zze und Rom*nja erfolgt waren. Auch Toni Hanny Schmidt hatte Jahrzehnte um eine angemessene Haftentschädigung kämpfen müssen.

Quellen

Arolsen Archives, Korrespondenzakte T/D 114841; Häftlingspersonalkarte Toni Hanny Fischer, Mauthausen, 1.1.26.4/1869478/ITS Digital Archive; Laboruntersuchung/Küchenpersonal/21.6.44, Auschwitz, 1.1.2.1/553069/ ITS Digital Archive; Laboruntersuchung/Küchenpersonal/20.4.44, Auschwitz, 1.1.2.1/550338/ITS Digital Archive.
Państwowe Muzeum Auschwitz-Birkenau Oświęcim, Datenbankzugriff am 5.8.2013; Sterbeurkunde Hugo Fischer/akt zgonu 20627/1943.
Landesamt für Finanzen, Landesentschädigungsamt München, Entschädigungsakte EG 32 989 (Marianne Seeger); BEG 5102 (Toni Hanny Interview Sarah Grandke mit Fr. Schmidt (Enkelin) vom 25.3.2014.
Interview Sarah Grandke mit Ilonka Braun vom 25.3.2014.

Empfohlene Zitierweise

Sarah Grandke: Fischer, Toni Hanny (publiziert am 05.03.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel?tx_nsdlexikon_pi3%5Baction%5D=show&tx_nsdlexikon_pi3%5Bcontroller%5D=Entry&tx_nsdlexikon_pi3%5Bentry%5D=225&cHash=d7f504c9d5143be4fd4f2581d2035f44