Generalstaatskommissar

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Verfasst von Paul Hoser

Außerordentliches politisches Amt Gustav von Kahrs

Verordnung des Generalstaatskommissars Gustav von Kahr mit dem Verbot der NSDAP, 9.11.1923 | Bundesarchiv, Plak 002-009-029

Nach Artikel 48, Abs. 4 der Weimarer Reichsverfassung konnten die Landesregierungen bei Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung eine Reihe von Grundrechten außer Kraft setzen. Da die militanten Kampfverbände der radikalen Rechten durch ihr aggressives Auftreten zusammen mit der NSDAP die bayerische Staatsmacht ständig herausforderten, beschloss das bayerische Kabinett am 26.9.1923, die vollziehende Gewalt auf den in Rechtskreisen populären Präsidenten der Regierung von Oberbayern und ehemaligen Ministerpräsidenten Gustav von Kahr als Generalstaatskommissar zu übertragen. Er schonte jedoch im allgemeinen die NSDAP und begünstigte die Vaterländischen Verbände. Vor allem verbot er Versammlungen und Zeitungen der Linken.

Kahr wollte zwar von Bayern aus auf die Einsetzung einer Rechtsdiktatur in Berlin hinarbeiten, dabei aber zusammen mit rechtsgerichteten norddeutschen Kreisen und der Reichswehr so viel Druck ausüben, dass die gewünschten Veränderungen auf dem Wege eines kalten Staatsstreichs erreicht werden könnten. Vom Hitlerputsch wurde er am 8.11.1923 überrumpelt. Erst spät in der Nacht entschloss er sich, gegen die Putschisten einzuschreiten. Der wegen des Putschversuchs anstehende Prozess ließ ihm schließlich keine andere Wahl, als am 24.2.1924 als Generalstaatskommissar zurückzutreten. In Februar 1933 überlegte der BVP-Politiker Fritz Schäffer, als letzte Gegenwehr gegen eine Machtübernahme der NSDAP in Bayern Kronprinz Rupprecht als Generalstaatskommissar einzusetzen, was dieser aber ablehnte.

Quellen

Deuerlein, Ernst (Hg.): Der Hitler-Putsch. Bayerische Dokumente zum 8./9. November 1923, Stuttgart 1962.
Hinterberger, Hans: Unpolitische Politiker? Die bayerischen „Beamtenministerpräsidenten“ 1920–1924 und ihre Mitverantwortung am Hitlerputsch. Diss. phil. Universität Regensburg 2016. URN: urn:nbn:de:bvb:355-epub-356493 (zuletzt aufgerufen am 13.07.2023).
Lange, Thomas: Bayern im Ausnahmezustand 1919-1923. Zur politischen Funktion des bayerischen Ausnahmerechts in den ersten Jahren der Weimarer Republik, Diss., München 1918. 


Empfohlene Zitierweise

Paul Hoser: Generalstaatskommissar (publiziert am 05.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel?tx_nsdlexikon_pi3%5Baction%5D=show&tx_nsdlexikon_pi3%5Bcontroller%5D=Entry&tx_nsdlexikon_pi3%5Bentry%5D=260&cHash=1adf63b61d896beb81bda06156a0c919