Quellen
Staatsarchiv München, Polizeidirektion München, Personen, 10066.
Admission free
„Hitlers Kugelfang“ am 9.11.1923, NSDAP-Stadtrat in München und SS-Brigadeführer
Graf trat als „Zweijährig-Freiwilliger“ 1896 eine Offizierslaufbahn an, wurde aber 1904 krankheitsbedingt als „teilweise erwerbsunfähig“ entlassen. Danach arbeitete er als Fleischstempler und Freibankwäger im Münchner Schlachthof. Im Ersten Weltkrieg war er dem 1. Feld-Artillerie-Regiment zugeteilt, aber „unabkömmlich“ gestellt. Im Februar 1921, inzwischen städtischer Freibankmeister, trat er der NSDAP bei. Er war eines der ersten SA-Mitglieder – in der sogenannten Roßbach-Gruppe – und avancierte bald zum Leibwächter Hitlers. Seinen Beruf bezeichnete Graf fortan als „Begleiter Hitlers“.
Am 9.11.1923 warf er sich bei den Schüssen an der Feldherrnhalle vor Hitler und rettete diesem damit vermutlich das Leben. Mit Lungensteck- und Oberschenkeldurchschuss kam er in die chirurgische Klinik. Im Dezember 1924 kandidierte Graf in Absprache mit Hitler für die „Großdeutsche Volksgemeinschaft“ erfolgreich für den Stadtrat. Bei der Neugründung der NSDAP 1925 erhielt er die Mitgliedsnummer 8. Himmler ernannte ihn 1932 zum SS-Sturmführer. Als Anerkennung für seine „verkörperte Hitlertreue“ wurde er nach 1933 Oberamtmann, 1935 Münchner Ratsherr, 1936 Reichstagsmitglied. Im Münchner Stadtteil Harlaching erhielt er ein Haus als Geschenk. Innerhalb der SS stieg er bis zum Brigadeführer auf.
1946 wurde er mit Haftbefehl gesucht. Die Spruchkammer München VI reihte ihn 1948 wegen Nutznießerschaft in die Gruppe II der „Belasteten“ ein. Die Hauptkammer München bestätigte am 12.1.1950 diese Einstufung, reduzierte aber die fünfjährige Arbeitslagerhaft auf sechs Monate. Die Berufungskammer vom 13.3.1950 stellte das Verfahren posthum ein.
Staatsarchiv München, Polizeidirektion München, Personen, 10066.