Ilse Hesselberger (11.4.1888 In Frankfurt/Main - 25.11.1941 Kaunas)

Biographies
Verfasst von Edith Raim

Verfolgte und ermordete Münchner Jüdin

Ilse Hesselberger, geb. Wertheim, zog 1908 nach ihrer Hochzeit mit dem Lederwarenfabrikanten und Kommerzienrat Franz Hesselberger an den Münchner Karolinenplatz 5. Wie viele deutsche Juden*Jüdinnen glaubte sie, sich durch Hinwendung zum christlichen Glauben vollständig in die deutsche Gesellschaft integrieren zu können. Bereits vor der Geburt ihrer zwei Kinder, Heinz und Gertraud, trat sie der evangelischen Kirche bei, was sie jedoch nicht vor dem nationalsozialistischen Terror schützte. Ihr Sohn Heinz emigrierte 1935 nach Portugal, ertrank aber bald bei Oporto; ihre Tochter Gertraud floh im August 1938 nach New York.

Den gut situierten Hesselbergers gehörten mehrere Immobilien in und um München, beispielsweise in der Brienner Straße 48, der Burgstraße 15 sowie ein mehrere Hektar großes Anwesen am Biederstein 7; 1931 erwarben Ilse und Franz Hesselberger zudem ein 62 Hektar großes landwirtschaftliches Anwesen in Sauerlach, das sie mit Hilfe eines Gutsverwalters und fünf Arbeitskräften bewirtschafteten. Das Vermögen der Familie ging nach Bgeinn der NS-Herrschaft durch mehr oder weniger unverhüllte räuberische Erpressung nach und nach in ‚arischen‘ Besitz über. Entweder profitierten linientreue Bürger*innen oder auch die Stadt München von den Zwangsverkäufen, die stark unter Wert erfolgten. Im Regelfall wurde der Verkaufserlös auf ein sogenanntes Sperrkonto überwiesen, auf das die zwangsweise enteigneten Juden*Jüdinnen keinen (oder nur geringfügigen) Zugriff hatten.

Im Oktober 1941 wurde die seit 1935 verwitwete Ilse Hesselberger schließlich zur ‚Arisierungsstelle‘ in der Widenmayerstraße beordert: Dort wurde sie am 10.10.1941 unter Androhung von Gewalt genötigt, eine sofortige „freiwillige“ Spende von 100.000,- RM zu leisten, die zur Finanzierung des Barackenlagers in Milbertshofen dienen sollte – im Gegenzug wurde ihr lediglich versprochen, dass sie von Zwangsarbeit und Deportation ausgenommen sei. Die Zusage wurde nach etwas mehr als einem Monat gebrochen: Am 20.11.1941 wurde Ilse Hesselberger mit dem ersten Transport Münchner Juden*Jüdinnen nach Kaunas deportiert, wo sie am 25.11.1941 bei einer Massenerschießung von annähernd 1.000 Personen ermordet wurde.

Quellen

Stadtarchiv München (Hg.): Biographisches Gedenkbuch der Münchner Juden 1933-1945, Bd.2, München 2007.
Strnad, Maximilian: Zwischenstation “Judensiedlung”. Verfolgung und Deportation der jüdischen Münchner 1941-1945, München 2011.
Weinzierl, Janne: Ilse Hesselberger und ihre Familie, in: Ilse Macek (Hg.): Ausgegrenzt - entrechtet - deportiert. Schwabing und Schwabinger Schicksale 1933 bis 1945, München 2008.

Empfohlene Zitierweise

Edith Raim: Hesselberger, Ilse (publiziert am 19.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel?tx_nsdlexikon_pi3%5Baction%5D=show&tx_nsdlexikon_pi3%5Bcontroller%5D=Entry&tx_nsdlexikon_pi3%5Bentry%5D=336&cHash=aa5f1e65ab36e73b8d8ee9517ece3a35