Friedrich Hilble (10.6.1881 Ichenhausen – 4.6.1937 München)

Biographies
Verfasst von Elisabeth Kraus

Führender Jurist in der Münchner Stadtverwaltung

Der Sohn eines Kürschnermeisters aus dem schwäbischen Ichenhausen wirkte nach seinem 1908 abgelegten Examen für den höheren Justiz- und Verwaltungsdienst in den Jahren von 1910 bis 1914 als Staatsanwalt in Fürth. Anschließend war Hilble bis 1916 Amtsrichter in München und kurzzeitig Kriegsgerichtsrat im bayerischen Kriegsministerium. 1917 trat der versierte Jurist in die Münchner Kommunalverwaltung ein und stand bis zu seinem Tod 1937 an der Spitze der städtischen Wohlfahrtsverwaltung. Obwohl der Katholik Hilble vor 1919 Mitglied des Zentrums und danach der BVP war und auch nie der NSDAP beigetreten ist, wusste er seine „Position durch bereitwillige Anpassungsleistungen über die politische Zäsur der nationalsozialistischen Machtergreifung hinüberzuretten“ (Rudloff, Bd. 1, S. 80).

Doch nicht nur dies: Er beteiligte sich vielmehr dienstbeflissen an der Umgestaltung des kommunalen Wohlfahrtswesens im nationalsozialistischen Sinn und wurde dabei beispielsweise auch zu einem Verfechter der Einweisung sogenannter ‚Asozialer‘ in Konzentrationslager. Zudem spielte Hilble durchaus eine eigeninitiative Rolle an der spezifisch nationalsozialistischen Umformung der „völkischen Ordnung von Armut“ (Wimmer, S. 419) sowie des Stiftungswesens. So bildete der Leiter des Münchner Sozial- und damit auch Stiftungsdezernats Friedrich Hilble im Prozess der ‚Arisierung‘ jüdischer Stiftungsvermögen die treibende Kraft, beileibe nicht nur für München, sondern für das gesamte Deutsche Reich. Er hielt es nicht mehr länger für vertretbar, dass sogar aus von Juden*Jüdinnen gegründeten, aber städtisch verwalteten Stiftungen bedürftige Juden*Jüdinnen berücksichtigt würden. Seine einschlägigen Aktivitäten, deren Folgen er selbst nicht mehr erleben sollte, führten letztlich dazu, dass diese Stiftungen aufgehoben bzw. mit anderen Stiftungen zusammengelegt und an Juden*Jüdinnen zu verausgabende Mittel entweder gesperrt oder aber an bedürftige ‚arische Volksgenossen‘ umgeleitet wurden.

Quellen

Brunner, Claudia, „Fürsorgeausnützer wurden ausgemerzt‘. Die Sozialpolitik des Münchner Wohlfahrtsamtes am Ende der Weimarer Republik und in der frühen NS-Zeit, in: Durchschnittstäter. Handeln und Motivation (Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus 16), hg. von Christian Gerlach, Berlin 2000, S. 53-72, hier 59-62.
Kraus, Elisabeth: Jüdische Stiftungen in München im 19. und 20. Jahrhundert. Gründung und Entfaltung, „Arisierung“ und Rückerstattung, in: Oberbayerisches Archiv 134, 2010, S. 195-211.
Rudloff, Wilfried: Die Wohlfahrtsstadt. Kommunale Ernährungs-, Fürsorge- und Wohnungspolitik am Beispiel Münchens 1910-1933, 2 Bände, Göttingen 1998.
Wimmer, Florian: Die völkische Ordnung von Armut. Kommunale Sozialpolitik im nationalsozialistischen München, Göttingen 2014.

Empfohlene Zitierweise

Elisabeth Kraus: Hilble, Friedrich (publiziert am 09.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel?tx_nsdlexikon_pi3%5Baction%5D=show&tx_nsdlexikon_pi3%5Bcontroller%5D=Entry&tx_nsdlexikon_pi3%5Bentry%5D=342&cHash=4ac568e77af3511cbf37aaedf09efce2