Wilhelm „Wille“ Höllenreiner (7.5.1912 Fürth – 24.9.1975 München)

Biographies
Verfasst von Sarah Grandke

Verfolgter Sinto aus München

Wilhelm Höllenreiner mit Ehefrau Karolina, 1930er Jahre | Privatbesitz Diana Höllenreiner

Wilhelm Höllenreiner arbeitete als Kraftfahrer und Händler in München. Zusammen mit seiner Ehefrau Karolina, geb. Hagn, hatte er fünf Kinder. Nur wenige Monate nach der Geburt der jüngsten Tochter 1941 wurde Wilhelm Höllenreiner inhaftiert und ins KZ Dachau gebracht. Da seine Ehefrau als ‚Arierin‘ galt, wurde ihm ‚Rassenschande‘ vorgeworfen. Im KZ wurde er jedoch als ‚Asozialer‘ geführt, eine Haftkategorie, die von den Nationalsozialisten bewusst unbestimmt gehalten wurde, um Personen, die als unangepasst galten, zu inhaftieren. Sinti*zze und Rom*nja wurden häufig als ‚Asoziale‘ stigmatisiert und verfolgt.

Im Sommer 1942 musste er im KZ-Außenlager Feldafing beim Bau der NSDAP-Reichsschule Zwangsarbeit leisten. Im September desselben Jahres wurde er weiter ins KZ Sachsenhausen verschleppt. Hier musste er bei den Heinkel-Werken, einer Produktionsstätte für Kampfflugzeuge, arbeiten.

Seine Eltern und Verwandten, jedoch nicht seine Ehefrau und die Kinder, wurden im März 1943 mit einem Sammeltransport ins ‚Zigeunerlager‘ des KZ Auschwitz-Birkenau deportiert. Nach den Deportationen mussten die fünf Kinder versteckt werden, weil auch ihnen weitere Verfolgungen drohten.

Da Wilhelm Höllenreiner die Entlassung aus dem KZ in Aussicht gestellt wurde, stimmte er im Frühjahr 1944 sowohl seiner eigenen Sterilisation als auch der seiner Kinder zu. Daraufhin wurde er am 16.3.1944 aus dem KZ Sachsenhausen entlassen. Seine Kinder konnten weiter unentdeckt bleiben und so der Sterilisation entgehen.

Wilhelm Höllenreiner, seine Frau und die Kinder überlebten. Er konnte wieder als Händler tätig werden, erhielt aber nur eine geringe Entschädigung.

Quellen

Interviews von Sarah Grandke mit Hermann „Mano“ Höllenreiner vom 28.8.2013 und 24.6.2013.
Interview von Sarah Grandke mit Diana und Veronika Höllenreiner am 5.3.2014.
KZ-Gedenkstätte Dachau, Anfrage vom 21.5.2013.
Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen, Oranienburg, Anfrage vom 20.3.2014.
Staatsarchiv München, Wiedergutmachungsakte Az, I 378 994-N 4888.
Arolsen Archives, Korrespondenzakte T/D 278398; CM1-Akte Wilhelm Höllenreiner, 3.2.1.1/79185692-79185695/ITS Digital Archive; Veränderungsmeldung 23.9.42, Dachau, 1.1.6.1/5281171/ ITS Digital Archive; Auflistung Zigeuner im Außenkommando Feldafing, Dachau, 1.1.6.1/9922441/ ITS Digital Archive.
Jahn, Franziska/Machunsky, Niklaas: Oranienburg (Heinkel-Werke), in: Benz, Wolfgang/Distel, Barbara (Hg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Bd. 3, München 2009, S. 245-248.
Ludz, Ursula: Feldafing, in: Benz, Wolfgang/Distel, Barbara (Hg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Bd. 2, München 2009, S. 318-321.

Empfohlene Zitierweise

Sarah Grandke: Höllenreiner, Wilhelm „Wille“ (publiziert am 09.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel?tx_nsdlexikon_pi3%5Baction%5D=show&tx_nsdlexikon_pi3%5Bcontroller%5D=Entry&tx_nsdlexikon_pi3%5Bentry%5D=365&cHash=0bc5e4fb5487c4435423ba8f0bf662ce