Quellen
Heusler, Andreas: Israelitisches Altersheim, in: Winfried Nerdinger (Hg.): Ort und Erinnerung. Nationalsozialismus in München, Salzburg 2006, S. 144.
Admission free
Wohneinrichtungen für alte und pflegebdürftige Juden*Jüdinnen in München
Seit Anfang des 19. Jahrhunderts verbreiteten sich zahlreiche jüdische Wohlfahrtsorganisationen, die lange vor der Etablierung des Wohlfahrtsstaats die Fürsorge für Alte, Arme und Kranke übernahmen.
In München existierte die „Lipschütz’sche Versorgungsanstalt für alte erwerbsunfähige Israeliten“, die Ende des 19. Jahrhunderts in der Mathildenstraße ansässig war. Während des Pogroms vom November 1938 waren Altersheime oder Kuranstalten bevorzugte Ziele der Nationalsozialisten, die brutale Vertreibung und Aussetzung der alten und oft hilflosen Menschen stellt ein besonderes Ausmaß der Unmenschlichkeit dar. Zwar konnte das Münchner Israelitische Altersheim Ende 1938 wieder benutzt werden, doch spiegelte sich die Not der Menschen in der Überbelegung wieder: Gerade alte Menschen waren oft weder körperlich noch finanziell in der Lage, eine Emigration in Betracht zu ziehen und waren den Schikanen und der Willkür der Nationalsozialisten hilflos ausgeliefert.
Im Frühjahr 1942 wurde das Heim aufgelöst, die Insassen wurden gezwungen, neue Unterkunft im Barackenlager Milbertshofen, in der „Heimanlage für Juden“ in Berg am Laim, im Altersheim in der Klenzestraße 4 oder in der Israelitischen Privatklinik in der Hermann-Schmid-Straße zu nehmen. Die Deportationen beendeten die Existenz des Israelitischen Altersheimes. Die von den Nationalsozialisten den deutschen Jüdinnen*Juden aufgenötigte Zwangsorganisation der „Reichsvereinigung der Juden in Deutschland“ musste anschließend das Gebäude abgeben. Der „Lebensborn e.V.“ bezog, nachdem er sich gegen mehrere Konkurrenten durchgesetzt hatte, schließlich das Haus, ohne die Kaufsumme zu bezahlen. Das Altersheim in der Klenzestraße wurde von der Stadt München in Beschlag genommen und zu einem Hilfskrankenhaus umfunktioniert; bei einem Bombenangriff erlitt es schwerste Schäden. Das Grundstück wurde 1953 restituiert. Das Israelitische Pensionat in der Kaulbachstraße 65 hatte als weiteres Altenheim gedient, es wurde schon im März 1942 vom „Lebensborn e.V.“ beschlagnahmt und als Mütterheim genutzt.
Die Wiedergründung der Israelitischen Kultusgemeinde München fand am 15.7.1945 in diesem Gebäude statt. Am 13.2.1970 kamen bei einem Brandanschlag auf das jüdische Altersheim sieben Menschen ums Leben. Heute ist das Gebäude im Auftrag der Israelitischen Kultusgemeinde erneut als Seniorenheim in Nutzung.
Heusler, Andreas: Israelitisches Altersheim, in: Winfried Nerdinger (Hg.): Ort und Erinnerung. Nationalsozialismus in München, Salzburg 2006, S. 144.