Die Kanzlei des Führers (KdF) unter Philipp Bouhler wurde im November 1934 gegründet. Ihre Aufgabe bestand ursprünglich hauptsächlich in der Bearbeitung der an Hitler gerichteten Petitionen, Gesuche und sonstigen privaten Schreiben. Ihr Dienstsitz befand sich in Berlin. Als sich einige Monat vor Kriegsbeginn 1939 die Eltern eines schwer missgebildeten Kindes an die Kanzlei des Führers wandten, ermächtigte Hitler nicht nur seinen Begleitarzt Karl Brandt, dem Wunsch der Eltern zu entsprechen und das Kind töten zu lassen, sondern beauftragte Bouhler und Brandt, ein Verfahren für ähnliche Fälle auszuarbeiten.
Der ehrgeizige Bouhler, der die Tätigkeit seines Amtes auf andere Bereiche ausdehnen wollte, bildete daraufhin zusammen mit seinem Stellvertreter Brack eine Expertengruppe, die eine Tarn-Organisation zur systematischen Ermordung behinderter Kinder aufbaute. Dieser ‚Kindereuthanasie‘ fielen nach Kriegsbeginn etwa 5000 behinderte Kinder zum Opfer. Im Sommer 1939 gelang es Bouhler und Brack außerdem, auch die Zuständigkeit für die im Planungsstadium befindliche Ermordung erwachsener Anstaltspatient*innen an sich zu ziehen. Unter der Tarnbezeichnung ‚T4‘ baute die Kanzlei des Führers daraufhin eine ebenfalls getarnte Organisation auf, die bis zum Sommer 1941 über 70.000 Anstaltspatient*innen ermordete. Vermutlich im Oktober 1939 stellte Hitler eine auf den Kriegsbeginn zurückdatierte Ermächtigung für Bouhler und Brandt aus, „die Befugnisse namentlich zu bestimmender Ärzte so zu erweitern, dass nach menschlichem Ermessen unheilbar Kranke bei kritischster Beurteilung ihres Krankheitszustandes der Gnadentod gewährt werden kann“ (BArch, R 22/4209).
Nach dem offiziellen Stop der Krankenmorde, die tatsächlich in anderer Form fortgesetzt wurden, verlor die Behörde 1941/42 ihre zentrale Rolle im Bereich der ‚Euthanasie‘, während ihre ursprünglichen Aufgaben im Petitionswesen kriegsbedingten Einschränkungen unterlagen. Bouhler sah sich daher im Mai 1943 genötigt, Hitler die Auflösung seiner Dienststelle anzubieten; vereinbart wurde schließlich, die Kanzlei als Privatkanzlei Hitlers fortzuführen.