Josef Kiefer, dessen Eltern in Giesing eine Bäckerei betrieben, erlernte nach der Realschule den Kaufmannsberuf. Nachdem Ende der 1920er-Jahre nacheinander mehrere Firmen, bei denen er tätig gewesen war, schließen mussten, wurde er Polizist bei der (kasernierten) Bayerischen Landespolizei. 1935, mittlerweile war er Stabsoberwachtmeister, wurde er bei der Überführung der Landespolizei in die Wehrmacht als Berufssoldat übernommen. Bereits früh kam Kiefer mit völkischem und nationalsozialistischem Gedankengut in Kontakt. Seine zwei älteren Brüder traten Anfang der 1920er-Jahre der SA bei, und er selbst beteiligte sich 14-jährig als Melder am Hitler-Putsch, wofür ihm später der ‚Blutorden‘ verliehen wurde.
Bei Kriegsbeginn 1939 nahm er als Oberfeldwebel am Einmarsch in Polen teil. Im Herbst 1941 führte er – nunmehr Oberleutnant – die 12. Kompanie des Infanterieregiments 727 (707. Infanteriedivision) und war bis Frühjahr 1942 Ortskommandant in dem besetzten weißrussischen Ort Szczuczyn. Während dieser Zeit wurden in dem Ort und in der Umgebung von Angehörigen seiner Einheit Hunderte von Judern*Jüdinnen und anderen Zivilpersonen ermordet. Das Kriegende erlebte Kiefer, inzwischen Hauptmann, in einem Lazarett in Traunstein.
Im Mai 1946 wurde er von amerikanischen Soldaten verhaftet und interniert, nachdem seine Vergangenheit bekannt geworden war. Im November 1946 verurteilte ihn die Spruchkammer München als ‚Hauptschuldigen‘ zu zehn Jahren Lagerhaft. Im Juni 1948 hob der Kassationshof diesen Spruch jedoch auf, Kiefer wurde aus der Haft entlassen und sein Entnazifizierungsverfahren eingestellt, nachdem Zeugen belastende Aussagen zurückgenommen hatten. Anschließend arbeitete er in München als Gebrauchsgraphiker. Ein 1965 begonnenes Ermittlungsverfahren stellte die Staatsanwaltschaft München I ebenfalls ein, da sie es für nicht erwiesen hielt, dass Kiefer persönlich an den Mordaktionen beteiligt gewesen war.