Katharina „Wisa“ Kiefer, verh. Freiberger (7.9.1910 Nürnberg – 17.12.1983 Cham)

Biographies
Verfasst von Sarah Grandke

Als ‚Zigeunerin‘ verfolgte Musikerin, lebte u.a. in München

Katharina Kiefer stammte aus einer Händler- und Schirmmacherfamilie. In den 1930er-Jahren lebte sie u.a. in Köln und Dortmund. Schon während dieser Zeit war die Hilfsarbeiterin und Musikerin der Verfolgung durch die Nationalsozialisten ausgesetzt. Im März 1938 musste sie sich in Köln einer ‚rassenbiologischen Untersuchung‘ unterziehen, mit deren Hilfe die ‚Rassenhygienische Forschungsstelle‘ am Reichsgesundheitsamt die „Minderwertigkeit“ der Sinti*zze und Rom*nja nachzuweisen versuchte. Diese Erfassungen waren Grundlage für die spätere systematische Deportation der als ‚Zigeuner‘ verfolgten Personen aus dem Deutschen Reich.

Im Dezember 1941 zog die dreifache Mutter nach München. Die älteren Kinder, Else und Theodor, lebten bei ihrem Vater Xaver Christ in Dingolfing. Am 8.3.1943 wurden Katharina Kiefer sowie ihre zwölf- und zehnjährigen Kinder Else und Theodor festgenommen und in das ‚Zigeunerlager‘ des KZ Auschwitz-Birkenau deportiert. Xaver Christ wurde ebenfalls als „Zigeuner“ verfolgt, konnte der Deportation jedoch vorerst entgehen. Katharina Kiefers vierjährige Tochter Maria befand sich zu dieser Zeit bei Bekannten in Berlin, wurde aber einige Wochen später ebenfalls ins ‚Zigeunerlager‘ deportiert. Katharina Kiefer musste im KZ Auschwitz-Birkenau u.a. beim Straßenbau und später in der Küche arbeiten. Im Sommer 1944 wurde sie über das KZ Ravensbrück ins KZ Flossenbürg/Außenlager Graslitz verschleppt, wo vor allem feinmechanische Montagearbeiten für die Rüstungsindustrie ausgeführt werden mussten. Im April 1945 wurden die KZ-Häftlinge auf sogenannte Todesmärsche geschickt.

Katharina Kiefer überlebte und kehrte 1947 nach München zurück. Alle drei Kinder und auch Katherina Kiefers Mutter waren in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern umgekommen. Im Sommer 1957 heiratete sie den Maurer Josef Freiberger. In den 1970er-Jahren zogen die beiden in die Oberpfalz. Aufgrund der Haft war Katharina Kiefer gesundheitlich stark geschwächt. Als Entschädigung erhielt sie über viele Jahre hinweg nur eine geringe Rente, weil in der Bundesrepublik Sinti*zze und Rom*nja erst 1982 regierungsamtlich als Opfer der nationalsozialistischen „Rassenpolitik“ anerkannt wurden. Die verbesserten Wiedergutmachungsleistungen kamen für sie jedoch zu spät. Sie starb 1983.

Quellen

Arolsen Archives, Korrespondenzakte T/D 989308.
Bundesarchiv Berlin, Bestand R165/5, R165/6.
Landesamt für Finanzen, Landesentschädigungsamt München, Entschädigungsakte BEG 44649 (Katharina Freiberger).
Stadtarchiv München, Einwohnermeldekartei Katharina Freiberger, geb. Kiefer.
Schmolling, Rolf: Graslitz (Kraslice), in: Benz, Wolfgang/Distel, Barbara (Hg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Bd. 4, München 2009, S. 123-126.


Empfohlene Zitierweise

Sarah Grandke: Kiefer, Katharina „Wisa“ (publiziert am 09.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel?tx_nsdlexikon_pi3%5Baction%5D=show&tx_nsdlexikon_pi3%5Bcontroller%5D=Entry&tx_nsdlexikon_pi3%5Bentry%5D=419&cHash=292119cb0096cba54eaaf579b611b783