Marie Luise Kohn (Maria Luiko) (25.1.1904 München – 25.11.1941 Kaunas)

Biographies
Verfasst von Elisabeth Kraus

Münchner Künstlerin, wegen ihrer jüdischen Herkunft von den Nationalsozialisten ermordet

Marie Luise Kohn alias Maria Luiko, Kennkartenfoto, um 1939 | StadtA München

Aufgewachsen in einer jüdischen Kaufmannsfamilie – der Vater besaß einen Großhandel für Getreide und Futtermittel –, absolvierte Marie Luise Kohn die Höhere Mädchenschule sowie eine Ausbildung zur Kindergärtnerin und studierte danach an der Akademie der Bildenden Künste Malerei und Grafik bei Karl Caspar und Adolf Schinnerer. Zusätzlich nahm sie Unterricht in der Theaterklasse von Emil Preetorius an der Kunstgewerbeschule. Die jüngere Schwester von Dr. Elisabeth Kohn, eine der ersten Rechtsanwältinnen in Bayern und Mitglied der Anwaltssozietät von Max Hirschberg, stellte bereits mit 20 Jahren ein erstes Mal im Münchner Glaspalast aus. Unter dem 1924 angenommenen Künstlernamen Maria Luiko schuf die vielseitig begabte junge Frau Zeichnungen, Aquarelle, Ölbilder, Scherenschnitte, Lithografien, Holzschnitte, Linoldrucke und Buchillustrationen. 1927 trat Luiko der Künstlervereinigung „Die Juryfreien“ bei, die gegen Alfred Rosenbergs „Kampfbund für deutsche Kultur“ auftrat.

1933 wurde sie als Jüdin aus dem Reichsverband bildender Künstler ausgeschlossen und fand zunächst im Jüdischen Kulturbund eine Möglichkeit weiterzuarbeiten. An dessen Marionetten-Theater war sie in leitender Funktion beteiligt, so etwa an der Gestaltung des Spielplanes, der Figurinen und etlicher Puppenspiele. Sie unternahm mehrere Ausstellungstourneen mit Werken jüdischer Künstler*innen innerhalb Deutschlands, vor allem nach Berlin. Aufgrund der zahllosen Einschränkungen – seit Beginn des Jahres 1936 etwa mussten die jüdischen Künstler*innen ihre Pseudonyme ablegen – und der sich laufend verschlechternden wirtschaftlichen Situation verlegte Luiko Ende der 1930er-Jahre ihr künstlerisches Schaffen auf Metallarbeiten und fertigte Schalen und Aschenbecher.

Gleichermaßen deprimiert wie resigniert, planten sie und ihre Schwester, nach England auszuwandern und sich dort als Dienstmädchen zu verdingen. Aber alle seit 1936 gestellten Anträge auf Ausreise scheiterten. Auf die Zwangsversteigerung der elterlichen Wohnung 1939 folgten für Maria Luiko, ihre Schwester und ihre Mutter, der Vater war bereits 1933 verstorben, vier Wohnungswechsel innerhalb von zwei Jahren. Am 20.11.1941 wurden die drei Frauen von München nach Kaunas deportiert und dort ermordet.

Quellen

Bonard, Waldemar: Der Jüdische Kulturbund in Bayern. Ortsgruppe München 1934-1938, in: Die gefesselte Muse. Das Marionettentheater im Jüdischen Kulturbund 1935-1937, hg. vom Münchner Stadtmuseum, München 1994, S. 53-59.
Oesterle, Diana: „So süßlichen Kitsch, das kann ich nicht“. Die Münchener Künstlerin Maria Luiko (1904-1941), München 2009.
Rader, Henning: Das Schicksal der Künstlerin Maria Luiko. Die erste Deportation von Münchner Juden 1941. In: Henning Rader, Vanessa-Maria Voigt: Ehemaliger jüdischer Besitz. Erwerbungen des Münchner Stadtmuseums im Nationalsozialismus, München 2018, S. 216–229.
Diana Oesterle: Maria Luiko. In: Kunst und Leben. 1918 bis 1955. Lenbachhaus, hg. von Karin Althaus u. a., München/Berlin 2022, S. 188–191.





Empfohlene Zitierweise

Elisabeth Kraus: Kohn, Marie Luise (publiziert am 29.01.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel?tx_nsdlexikon_pi3%5Baction%5D=show&tx_nsdlexikon_pi3%5Bcontroller%5D=Entry&tx_nsdlexikon_pi3%5Bentry%5D=444&cHash=9bd77b49758a25886cb840a88f51c4c9