Lothar König (3.1.1906 Stuttgart – 5.5.1946 München)

Biographies
Verfasst von Angela Hermann

Jesuitenpater und Aktivist gegen das NS-Regime in der Gruppe „Kreisauer Kreis“

Lothar König (1906-1946) | SJ-Bild

Während seiner Schulzeit in Stuttgart leitete der durch den Ersten Weltkrieg zum Halbwaisen gewordene Lothar König den württembergischen Gau des katholischen Jugendverbandes „Bund Neudeutschland“. Nach dem Abitur 1924 trat er als Novize dem Jesuitenorden bei und studierte Philosophie und Theologie an dem ordenseigenen Berchmanskolleg in Pullach sowie Naturwissenschaften an der Universität München. Er wurde 1935 in München mit einer Arbeit über die Wolgadeutschen promoviert und 1936 von Kardinal Faulhaber zum Priester geweiht. 1938 trat er eine Professur am Berchmanskolleg an. Ab Juni 1940 wurde dieses Kolleg als Hilfskrankenhaus genutzt, NSDAP und Wehrmacht quartierten den Großteil der Ordensleute aus. Lothar König konnte erreichen, dass eine Teilnutzung des Gebäudes durch die Jesuiten erhalten blieb.

König gehörte zu einem kleinen Kreis von katholischen NS-Gegnern, die im gesamten Deutschen Reich darum bemüht waren, die Bischöfe zu öffentlichen kritischen Worten gegen das NS-Regime zu bewegen. Im 1941 gegründeten Ausschuss für Ordensangelegenheiten arbeitete König gemeinsam mit dem Jesuitenpater Augustinus Rösch an Textentwürfen für regimekritische Hirtenbriefe mit, die jedoch in der Regel von der Bischofskonferenz abgelehnt oder abgeschwächt wurden. Der Ordensausschuss sammelte auch Informationen über Verbrechen des NS-Regimes. So gelangte König in den Besitz von Totenlisten aus dem KZ Dachau der Jahre 1939 bis 1943, die er abschreiben und nach Rom bringen ließ.

Lothar König war auch ein wichtiges Mitglied der Widerstandsgruppe „Kreisauer Kreis“, für die er als Kurier tätig war. Daneben arbeitete er an Texten der Gruppe mit und sorgte für eine deutlichere Sprache und Handlungsanleitung. Er war der Überzeugung, dass die Kirchen sich auch jenseits der Seelsorge für Menschen und Menschenrechte einsetzen müssten. Nach dem Attentat vom 20.7.1944 wurde König wegen seines Kontakts zu Alfred Delp sowie zu den „Kreisauern“ steckbrieflich gesucht. Es gelang ihm aber unterzutauchen. Er wurde zunächst von Privatleuten südlich von München versteckt, anschließend begab er sich im Januar 1945 in den Keller des Berchmanskollegs. Dort überlebte er die NS-Zeit, verstarb jedoch ein Jahr später infolge einer nicht behandelten Kehlkopfkrebserkrankung.

Quellen

Bleistein, Roman: Dossier: Kreisauer Kreis. Dokumente aus dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Aus dem Nachlaß von Lothar König S.J., Frankfurt am Main 1987.
Bleistein, Roman: Lothar König. Ein Jesuit im Widerstand gegen den Nationalsozialismus, in: Stimmen der Zeit, Bd. 204, Freiburg 1986, S. 313-326.
Holzem, Andreas / Leugers, Antonia: Krieg und Frieden in München 1914-1939. Topografie eines Diskurses - Darstellung und Dokumente, Paderborn 2021.
Leugers, Antonia: Gegen eine Mauer bischöflichen Schweigens. Der Ausschuß für Ordensangelegenheiten und seine Widerstandskonzeption 1941 bis 1945, Frankfurt am Main 1996.
Leugers, Antonia: Gegen eine Mauer bischöflichen Schweigens. Die Münchner Jesuiten als Kritiker der Bischöfe im „Dritten Reich“, Vortrag am 2.5.2005 im Montagsforum im Gasteig in der Reihe München und der Nationalsozialismus, VHS München, Manuskript.
Wiedmeyer, Hans: Lothar König SJ, der unbekannte Widerstandskämpfer, in: Stimmen der Zeit, Jg. 146, Heft 6, 2021, S. 461-471.

Empfohlene Zitierweise

Angela Hermann: König, Lothar (publiziert am 20.11.2023), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel?tx_nsdlexikon_pi3%5Baction%5D=show&tx_nsdlexikon_pi3%5Bcontroller%5D=Entry&tx_nsdlexikon_pi3%5Bentry%5D=450&cHash=b363e720474a84204904cc6097d1fffa