Peter Küfer (10.6. oder 7.1925 Flamersheim – vermutlich Anfang 1945)

Biographies
Verfasst von Sarah Grandke

Verfolgter junger Sinto-Musiker

Peter Küfer lebte mit seiner Familie im Kreis Dingolfing und arbeitete vor allem als Musiker. Zusammen mit seinen fünf Geschwistern wurde er im März 1943 ins Münchner Polizeigefängnis gebracht und von dort ohne ausreichend Nahrung, Wasser und sanitäre Einrichtungen ins ‚Zigeunerlager‘ Auschwitz-Birkenau deportiert. Nur wenige Wochen nach der Ankunft wurde er von seiner Familie getrennt und ins KZ-Stammlager Auschwitz zur sogenannten Maurerschule geschickt. In diesem Arbeitskommando brachte man ihm Maurer-Grundkenntnisse bei, um ihn später entsprechend einsetzen zu können.

Im August 1944 wurde er ins KZ Buchenwald transportiert. Die aus Auschwitz angekommenen Häftlinge waren unter widrigsten Bedingungen vor allem in Zelten untergebracht. Als Freiwillige für ein vermeintlich besseres Kommando im KZ Dachau gesucht wurden, meldete sich auch Peter Küfer. Zusammen mit 39 weiteren jungen und halbwegs gesunden männlichen Sinti*zze und Rom*nja kam er nach Dachau. Dort führten SS-Ärzte an ihnen medizinische Versuche zur Trinkbarmachung von Salzwasser durch. Im Auftrag der Luftwaffe und Kriegsmarine sollte getestet werden, ab wann ein über dem Meer abgeschossener Flieger oder ein in Seenot geratener Matrose verdurstet und was dies verhindern könnte. Dabei mussten die KZ-Häftlinge, darunter auch Peter Küfer, tagelang ausschließlich chemisch behandeltes Meerwasser trinken, worauf sich bei ihnen große Schmerzen, Durst und Halluzinationen einstellten. Die gesundheitlichen Schäden waren enorm. Nach Beendigung der Versuche wurde Küfer am 22.10.1944 zusammen mit weiteren 18 Männern, die ebenfalls Opfer der ‚Meerwasserversuche‘ geworden waren, nach Norddeutschland ins KZ Neuengamme transportiert. Dort war Peter Küfer als Hilfsarbeiter eingesetzt. In Neuengamme verliert sich seine Spur. Vermutlich starb er in den letzten Kriegsmonaten.

Drei seiner Geschwister kamen in den Konzentrationslagern ums Leben. Die überlebende Schwester Margarethe und der überlebende Bruder Anton Küfer waren im Sommer 1944 als ‚noch arbeitsfähig‘ eingestuft und zunächts ins KZ Ravensbrück und dann die KZ Mauthausen und KZ Bergen-Belsen verschleppt worden. Aufgrund der erlittenen körperlichen und seelischen Verletzungen hatten beide nach dem Krieg große Probleme bei der Integration in die deutsche Gesellschaft. Sinti*zze und Rom*nja wurden erst in den 1980er-Jahren als Opfer der nationalsozialistischen ‚Rassenpolitik‘ anerkannt, weshalb Entschädigungs- und Wiedergutmachungszahlungen allenfalls in sehr geringem Ausmaß gezahlt wurden. Auch Anton und Margarethe Küfer erhielten nur eine niedrige Haftentschädigung.

Quellen

Arolsen Archives, Häftlingspersonalkartei Peter Küfer, Buchenwald, 1.1.5.3/6399825- 6399828/ITS Digital Archive; Häftlingspersonalkrte Margarete Küfer, Mauthausen, 1.1.26.4/1873884/ITS Digital Archive; Häftlingspersonalkrte Anton Küfer, Mauthausen, 1.1.26.3/1568537/ITS Digital Archive; Zugangsbuch, Dachau, 1.1.6.1/9895314/ ITS Digital Archive; Transportliste ins KL Neuengamme, Dachau, 1.1.6.1/9914420/ITS Digital Archive.
KZ Gedenkstätte Dachau, Anfrage vom 12.3.2014.
Państwowe Muzeum Auschwitz-Birkenau Oświęcim, Datenbankzugriff am 5.8.2013; Materiały t. 194, s. 158; Lista transportowa więźniów Auschwitz wzwiezionych do KL Buchenwald – t. 4, s. 98; Maurerschule k. 53- 54.
Zámečnik, Stanislav: Das war Dachau, Frankfurt am Main 2010.


Empfohlene Zitierweise

Sarah Grandke: Küfer, Peter (publiziert am 08.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel?tx_nsdlexikon_pi3%5Baction%5D=show&tx_nsdlexikon_pi3%5Bcontroller%5D=Entry&tx_nsdlexikon_pi3%5Bentry%5D=468&cHash=2040140bbf52b8cd4dca3784e176c678