Quellen
Archiv des Bezirks Oberbayern, Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar, Patientenakten Nr. 8799.
Admission free
Küchenhilfe, Zwangsarbeiterin aus der Ukraine
Oksana M. (Pseudonym) wurde 1927 in der westukrainischen Stadt Kamjanez-Podilskyj geboren. Über ihre Kindheit ist nichts bekannt. Als Jugendliche wurde sie zur Zwangsarbeit nach München deportiert, wo sie bei der Waggonfabrik Josef Rathgeber, die zur damaligen Zeit Straßenbahnen für München herstellte und im Zweiten Weltkrieg Rüstungsbetrieb war, arbeiten musste.
Am 27.10.1942 überwies der Betriebsarzt sie in die Psychiatrische Nervenklinik in der Nußbaumstraße, da sie über Kopfschmerzen klagte, Schwindelanfälle hatte und nachts sehr unruhig war. Eine genaue Diagnose konnte nicht gestellt werden, da eine Verständigung auf Deutsch mit der 15-jährigen Oksana nicht möglich war. Da die Ärzte nicht damit rechneten, dass sie in absehbarer Zeit wieder arbeitsfähig würde, erfolgte am 3.12.1942 die Aufnahme in die Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar.
Oksana lag die meiste Zeit still im Bett. Ihr Allgemeinzustand war schlecht, und sie musste künstlich ernährt werden. Im Juni 1943 starb Oksana M. Eine gezielte Vernachlässigung geht aus der Krankengeschichte nicht hervor, aber die Deportation über anderthalbtausend Kilometer nach München und die harte Zwangsarbeit unter schlechten Bedingungen trugen sicherlich zu ihrem frühen Tod bei.
Ihre ältere Schwester Lena schrieb ihr aus der Ukraine drei Briefe nach Eglfing-Haar, die Oksana vermutlich nie gesehen hat. Ein Anstaltspatient übersetzte die Briefe für die Klinikleitung. Der letzte stammt vom Januar 1943:
„Guten Tag oder vielleicht guten Abend meine teure Schwester [ ...], beeile ich mich dir mit diesem meinem Briefe zu sagen; wir sind bis jetzt alle munter und gesund und wir wünschen dir alles Beste in deinem jungen Leben! [...], ich habe dir stets geschrieben, bin aber ohne Antwort von dir! Denn wir bangen nur nach dir! [...], wie verhält es sich mit deiner Krankheit. [...], ich bin zu Hause, sollte auch zur Arbeit nach Deutschland, aber es stellte sich heraus, dass ich zur Arbeit nach Deutschland nicht geeignet bin. Mehr weiß ich nicht zu schreiben. Ich küsse dich mit aller Stärke, [...], ich warte auf Antwort. Deine Schwester“ (BAObb, EH, Patientenakte Nr. 8799).
Archiv des Bezirks Oberbayern, Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar, Patientenakten Nr. 8799.