Bankhaus Aufhäuser

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Verfasst von Katja Klee

Münchner Bank; in der NS-Zeit ‚arisiert‘

Das 1870 von Heinrich Aufhäuser neu gegründete Bankhaus etablierte sich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts insbesondere mit dem Handel von Wertpapieren rasch. Im Jahr 1899 bezog es größere Geschäftsräume in der Löwengrube 20, mitten im Stadtzentrum Münchens. Anfang des 20. Jahrhunderts zählten zahlreiche, gesellschaftlich einflussreiche Persönlichkeiten zu dem Kundenkreis.

Nach dem Tod des Firmengründers im Jahr 1917 stiegen die Söhne Martin und Siegfried in das erfolgreiche, international gut vernetzte Unternehmen ein. Sie bauten vor allem das Kreditgeschäft weiter aus und erweiterten in den 1920er-Jahren das Stammhaus um die Nachbaranwesen in der Löwengrube 18 und 19. 1928 beschaffte die Bank der Stadt München auf dem Londoner Geldmarkt einen millionenschweren Kredit für den Ausbau der städtischen Energieversorgung und ermöglichte außerdem die Gründung der Gemeinnützigen Wohnungsfürsorge AG (GEWOFAG). Die Brüder Aufhäuser taten sich außerdem als großzügige Förderer öffentlicher Einrichtungen wie des Deutschen Museums, der Universität, des Schwabinger Krankenhauses oder des Tierparks hervor.

Nach 1933 gingen die Geschäfte des von den Nationalsozialisten als ‚jüdisch‘ deklarierten Bankhauses stark zurück, diverse Übernahmeangebote anderer Banken und die Aufforderung zur ‚Arisierung‘ im Sommer 1938 konnten aber zunächst noch abgewehrt werden. Die Familie Aufhäuser nahm selbst Verhandlungen über die Geschäftsübernahme mit dem Hamburger Privatbankier Friedrich Wilhelm Seiler auf, doch das Pogrom vom 9./10.11.1938 machte alle weiteren Pläne der Familie zunichte: Der aufgestachelte Mob verwüstete das Geschäftsgebäude in der Löwengrube und trieb einen der Gesellschafter, Emil Kraemer, mit seiner Ehefrau in den Selbstmord. Martin Aufhäuser wurde im KZ Dachau inhaftiert, und große Teile seines Privatbesitzes an Schmuck und Kunstgegenständen wurden von der Gestapo beschlagnahmt. Im März 1939 emigrierte er in die Niederlande und von dort aus 1942 in die USA, wo er 1944 starb. Sein Bruder Siegfried, der die britische Staatsbürgerschaft besaß, blieb vom NS-Terror verschont, musste sich aber ebenfalls vollständig aus der Bank zurückziehen und verließ Deutschland im selben Jahr wie sein Bruder. Das Bankhaus wurde komplett ‚arisiert‘ und unter dem Namen Seiler & Co. fortgeführt. Einzig der seit 1921 in der Geschäftsleitung tätige Josef Bayer verblieb – über das Kriegsende hinaus – in der Bank.

Seit 1949 betätigte sich die Bank beim Transfer von Entschädigungs- und Wiedergutmachungsleistungen. Nach dem Abschluss der Rückerstattungsverhandlungen mit den Erben nahm die Bank am 21.1.1954 wieder ihren ursprünglichen Namen an, ohne dass ein Mitglied der Familie Aufhäuser wieder in das operative Geschäft des Unternehmens einstieg.

Quellen

Moser, Eva/Winkler, Richard: Wegmarken. 125 Jahre Bankhaus H. Aufhäuser. Hg. vom Bankhaus Aufhäuser, München 1995.
Selig, Wolfram: „Arisierung“ in München. Die Vernichtung jüdischer Existenz 1937-1939, Berlin 2004.

Empfohlene Zitierweise

Katja Klee: Bankhaus Aufhäuser (publiziert am 12.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel?tx_nsdlexikon_pi3%5Baction%5D=show&tx_nsdlexikon_pi3%5Bcontroller%5D=Entry&tx_nsdlexikon_pi3%5Bentry%5D=58&cHash=96104438a8947240d90a99ca46683ccf