Neues Rathaus

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Verfasst von Elisabeth Kraus

Sitz des Münchner Oberbürgermeisters, des Stadtrats und der Stadtverwaltung

Das starke Anwachsen der Münchner Bevölkerung im 19. Jahrhundert und die Vergrößerung der Stadtverwaltung machten den Bau eines neuen Rathauses nötig. Es wurde von 1867 bis 1908 in drei Abschnitten durch den Grazer Architekten Georg von Hauberrisser (1841–1922) im neugotischen Stil erbaut.

Im Zuge der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten besetzte die SA am 9.3.1933 das Gebäude, entrollte eine riesige Hakenkreuzfahne vom Turm, und NSDAP-Stadtrat Max Amann vermeldete der Menschenmenge die „nationale Erhebung“. Am 20. März trat der amtierende Oberbürgermeister Karl Scharnagl (BVP) unter dem massiven Druck der Nationalsozialisten zurück. Noch am selben Tag wurde der bisherige NSDAP-Stadtrat und führende Kommunalpolitiker seiner Partei, Karl Fiehler, vom kommissarischen bayerischen Innenminister Adolf Wagner zum kommissarischen Ersten Bürgermeister Münchens ernannt. Im April bestätigte ihn der inzwischen funktional eingeschränkte und personell veränderte Stadtrat im Amt. Nachdem die KPD verboten, die verbliebenen SPD-Stadträte in „Schutzhaft“ nach Dachau verbracht und die BVP-Stadträte als künftig unerwünscht bezeichnet worden waren, fand am 25.7.1933 im Neuen Rathaus die erste Sitzung des rein nationalsozialistisch besetzten Münchner Stadtrats statt.

Das Neue Rathaus wurde bei den Luftangriffen auf München im Jahr 1944 leicht beschädigt und nach Kriegsende umgebaut. Zum 800-jährigen Stadtjubiläum 1958 wurde im ersten Stock, zum Innenhof gerichtet, ein Gedenkraum eingerichtet. Darin erinnern zwei Marmortafeln an die Toten der beiden Weltkriege sowie an die Opfer der politischen Verfolgung während der NS-Zeit. Mit einer weiteren, an der Treppe vor dem ersten Stockwerk im November 2000 angebrachten Tafel wird „in Trauer und Scham – und entsetzt über das Schweigen der Mitwissenden“ der am 20.11.1941 von München nach Kaunas (heute Kowno) in Litauen 1941 deportierten und wenig später dort ermordeten 1.000 jüdischen Frauen und Männer gedacht.

Quellen

Nerdinger, Winfried: Altes und Neues Rathaus, in: Nerdinger, Winfried (Hg.): Ort und Erinnerung. Nationalsozialismus in München, München 2006, S. 75.
Habel, Heinrich/Hallinger, Johannes/Weski, Timm: Landeshauptstadt München – Mitte München 2009, S. 565.
Huber, Brigitte: Das Neue Rathaus in München. Georg von Hauberrisser (1841-1922) und sein Hauptwerk, München 2006, S. 112f.

Empfohlene Zitierweise

Elisabeth Kraus: Neues Rathaus (publiziert am 31.01.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel?tx_nsdlexikon_pi3%5Baction%5D=show&tx_nsdlexikon_pi3%5Bcontroller%5D=Entry&tx_nsdlexikon_pi3%5Bentry%5D=595&cHash=97702698d0fa878f3a9a40b9c130175b