Der ‚Nationalsozialistische Untergrund‘ (NSU) war eine rechtsterroristische Untergrundorganisation, die von 1998 (seit spätestens 2001 unter der Bezeichnung NSU) bis 2011 bestand. Ihre drei Mitglieder – Uwe Mundlos (1973–2011), Uwe Böhnhardt (1977–2011) und Beate Zschäpe (geb. 1975) aus Jena – wurden von einem Kreis an Unterstützer*innen und Gehilf*innen aus der rechtsextremen Szene gedeckt und getragen.
Hervorgegangen war die rechte Terrorzelle aus dem Umfeld des Mitte der 1990er-Jahre entstandenen, eng mit der NPD verflochtenen ‚Thüringer Heimatschutz‘, eines Zusammenschlusses von militanten neonazistischen ‚Freien Kameradschaften‘. Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe hatten der ‚Kameradschaft Jena‘ angehört und waren bereits mehrfach wegen neonazistischer Aktivitäten polizeikundig geworden. Als 1998 die Verhaftung drohte, tauchten sie unter. Das Trio finanzierte sich durch Überfälle auf Bank- und Postfilialen in Sachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern; Teile der erbeuteten Geldbeträge flossen in neonazistisches Propagandamaterial. Aus rassistischen Motiven und mit dem Ziel des ‚Erhalts der deutschen Nation‘ ermordete das Trio zwischen 2000 und 2007 mutmaßlich neun Menschen migrantischer Herkunft. Bei den Opfern handelt es sich um Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık und Halit Yozgat.
Zwei der Morde wurden in München begangen, drei in Nürnberg, je einer in Kassel, Dortmund, Hamburg und Rostock. Lange gingen die Ermittler von organisierter Ausländerkriminalität aus. Die Presse verlieh diesem Pauschalverdacht durch das diskriminierende Schlagwort der ‚Döner-Morde‘ Ausdruck. Erst nach der Enttarnung des NSU 2011 offenbarte sich, dass die Morde rechtsextremistisch motiviert waren. Gleichermaßen dem NSU zugeschrieben werden ein Nagelbombenattentat in der Kölner Keupstraße 2004, weitere Sprengstoffanschläge sowie der Mord an einer Polizistin in Heilbronn 2007.
Am 4.11.2011 töteten sich Mundlos und Böhnhardt nach einem Überfall auf eine Sparkasse in Eisenach selbst, um einer bevorstehenden Verhaftung zu entgehen. Beate Zschäpe stellte sich am 8.11.2011 in Jena der Polizei und wurde nach einem mehrjährigen Gerichtsverfahren wegen Mordes, Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und schwerer Brandstiftung zu lebenslanger Haft verurteilt. Dabei stellte das Gericht auch die besondere Schwere der Schuld fest.
Der medial stark beachtete Prozess mit über 90 Nebenklägern und mehr als 600 Zeugen warf weitergehende Fragen nach der Rolle des Verfassungsschutzes sowie der Polizeibehörden bei der Beobachtung und Verfolgung der rechtsextremen Szene auf; parlamentarische Untersuchungsausschüsse legten eklatante Versäumnisse in diesem Bereich offen, die zu Rücktritten von Verfassungsschützer*innen auf Bundes- und Landesebene führten und die Notwendigkeit grundlegender Reformen aufzeigten. Für die Hinterbliebenen der lange zu Unrecht kriminalisierten Opfer aber bedeuteten die Aufklärung der Verbrechen des NSU und die öffentliche Anteilnahme eine späte Genugtuung und Rehabilitierung ihrer Angehörigen.