Wilhelm von Pechmann (10.6.1859 Memmingen – 10.2.1948 München)

Biographies
Verfasst von Andreas Eichmüller

Bankier, Funktionär der Evangelischen Kirche und NS-Gegner

Wilhelm von Pechmann (1859-1948) | Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Familienarchiv von Pechmann Nr. 31, Bde. I-IV

Der Sohn eines Staatsanwalts studierte nach dem Besuch des Realgymnasiums Augsburg in München Altphilologie und Rechtswissenschaften. 1885 legte er die Zweite Staatsprüfung ab und fand im Jahr darauf Anstellung bei der Bayerischen Handelsbank in München. Innerhalb weniger Jahre arbeitete er sich dort vom Rechtskonsulenten zum Direktoriumsmitglied hoch, wurde später Erster Direktor und schließlich 1939 Aufsichtsratsvorsitzender. Daneben war Pechmann Mitglied in zahlreichen wirtschaftlichen Vereinigungen und publizierte zu volkswirtschaftlichen und juristischen Themen. Ein besonderes Engagement entfaltete er innerhalb der evangelisch-lutherischen Kirche. 1901 wurde er in die bayerische Generalsynode berufen, 1919-1922 war er der erste gewählte Präsident der Landessynode Bayern und präsidierte von 1921-1930 die Deutschen Evangelischen Kirchentage.

In politischer Hinsicht stand Pechmann als deutsch-nationaler Monarchist der Weimarer Demokratie durchaus skeptisch gegenüber. Als konservativer Lutheraner lehnte er jedoch nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten deren Versuche, Einfluss auf die Evangelische Kirche zu nehmen, strikt ab. Auch die einsetzende Verfolgung von Juden*Jüdinnen verurteilte er entschieden. So schloss er sich der oppositionellen Bekennenden Kirche an und knüpfte vielfältige Kontakte zu regimekritischen Kirchenmännern. Da ihm jedoch seine Kirchenführung gegenüber den nationalsozialistischen Machthabern zu nachgiebig erschien und diese eine mehrfach von ihm unter anderem gegenüber dem bayerischen Landesbischof Hans Meiser geforderte öffentlichen Stellungnahme gegen die antijüdische NS-Politik ablehnte, trat er im April 1934 aus der Evangelischen Kirche aus und tat diesen Schritt auch öffentlich kund. Die Enttäuschung über die Schwäche der Kirche, für die er sich so lange engagiert hatte, ließ ihn auch in den folgenden Jahren nicht los. So konvertierte er schließlich nach Kriegsende zum katholischen Glauben.

Quellen

Kantzenbach, Friedrich-Wilhelm: Widerstand und Solidarität der Christen in Deutschland 1933-1945. Eine Dokumentation zum Kirchenkampf aus den Papieren des D. Wilhelm Freiherrn von Pechmann, Neustadt an der Aisch 2000.
Sommer, Wolfgang: Wilhelm Freiherr von Pechmann. Ein konservativer Lutheraner in der Weimarer Republik und im nationalsozialistischen Deutschland, Göttingen 2010.

Empfohlene Zitierweise

Andreas Eichmüller: Pechmann, Wilhelm von (publiziert am 21.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel?tx_nsdlexikon_pi3%5Baction%5D=show&tx_nsdlexikon_pi3%5Bcontroller%5D=Entry&tx_nsdlexikon_pi3%5Bentry%5D=642&cHash=5cf7fb78d7b98fc9d23cb1465516bb99