Baldur Benedikt von Schirach wuchs in einem bildungsbürgerlichen und kulturaffinen, politisch konservativen und kaisertreuen Elternhaus in Weimar auf. Sein Vater Carl von Schirach war preußischer Offizier und von 1908 bis 1918 Intendant des Hoftheaters in Weimar, seine Mutter eine aus wohlhabenden Kreisen stammende US-Amerikanerin. Bereits als Schüler des Realgymnasiums in Weimar schloss sich von Schirach der Wehrjugendgruppe „Knappschaft“ an, einer völkischen Gruppierung, die den Saalschutz bei NS-Veranstaltungen in Weimar stellte. Als 17-Jähriger traf er erstmals Adolf Hitler und trat danach, im Sommer 1925 in die NSDAP ein, 1927 dann in die SA.
Nach dem Abitur 1927 ging von Schirach nach München und begann ein Studium der Germanistik, Anglistik und Kunstgeschichte an der Universität, das er jedoch bereits ein Jahr später zugunsten seines Engagements für die NSDAP aufgab. Er trat der Hochschulgruppe München des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbunds (NSDStB) bei, übernahm rasch die Leitung und fungierte von da an bis Juli 1932 als Bundesführer des NSDStB. Im November 1931 wurde er zum Reichsjugendführer der NSDAP ernannt und erhielt den Rang eines Gruppenführers in der SA. Im Juni 1932 wurde er Leiter der Hitler-Jugend (HJ), der seit 1926 bestehenden Jugendorganisation der Partei. Ende März 1932 heiratete er in München Henriette Hoffmann, die Tochter des Hitler-Fotografen Heinrich Hoffmann, mit der er vier Kinder bekam. Die Ehe wurde im Juli 1950 in München geschieden.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten ernannte ihn Hitler am 17.6.1933 zum Jugendführer des Deutschen Reiches. Damit war von Schirach verantwortlich für die gesamte außerschulische Jugenderziehung. Diese betrieb er im Sinne des totalitären Herrschaftsanspruchs der Nationalsozialisten mittels Gleichschaltung und gewaltsamer Eingliederung aller deutschen Jugendverbände in die HJ und ihre Untergliederungen. Als die Reichsjugendführung 1936 Oberste Reichsbehörde wurde, rückte von Schirach zum Staatssekretär auf und machte bis 1939 die Mitgliedschaft in der HJ zur Pflicht für alle deutschen Jugendlichen. Die nach dem Führerprinzip organisierte Ausrichtung der deutschen Jugend und ihre konsequente Militarisierung, ihre „Wehrhaftmachung“ und rassistische Indoktrination im Sinne des Systems hat von Schirach erfolgreich abgeschlossen. Die Hitlerjugend und ihr weiblicher Zweig, der „Bund Deutscher Mädel“ (BDM), also alle Jugendlichen zwischen zehn und 18 Jahren, standen damit der NS-Führung für ihre sozialdarwinistischen und kriegerischen Pläne nahezu vollständig und bedingungslos zur Verfügung.
Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges trat von Schirach in die Wehrmacht ein und nahm von April bis Juni 1940 am Krieg gegen Frankreich teil. Sein langjähriger innerparteilicher Konkurrent Artur Axmann wurde am 1.5.1940 zunächst sein Stellvertreter als Reichsjugendführer und am 7.8.1940 sein Nachfolger. Schirach behielt seinen Rang als Reichsleiter und organisierte ab September 1940 die erweiterte Kinderlandverschickung, mit der Millionen Schulkinder sowie Mütter mit Kleinkindern aus den vom Luftkrieg bedrohten Städten in weniger gefährdete Teile des Reiches verbracht wurden.
Im August 1940 wurde Baldur von Schirach zum Reichsstatthalter und Gauleiter von Wien ernannt. Er zog mit seiner Familie in die repräsentative Wiener Hofburg. In dieser Position, die er bis zum Kriegsende 1945 behielt, war er für die Deportation der Wiener Jüdinnen*Juden verantwortlich, was er in einer Rede vom 14.9.1942 als „aktiven Beitrag zur europäischen Kultur“ bezeichnete.
Am 24.2.1945 wurde von Schirach zu Hitler nach Berlin beordert und bekam den Befehl, als Reichsverteidigungskommissar die Stadt Wien bis zum Letzten zu halten. Ende März 1945 verkündete von Schirach in Wien den Ausnahmezustand und verlegte seine Amtsräume in den Keller der Hofburg. Am 9. April floh er aus der Stadt und setzte sich nach Tirol ab, wo er unter dem Namen Richard Falk in Schwaz untertauchte.
Am 5.6.1945 stellte er sich den Amerikanern und wurde zum Internationalen Militärgerichtshof nach Nürnberg verbracht. Während des Prozesses gegen die Hauptkriegsverbrecher bekannte er sich schuldig, die deutsche Jugend für einen Mann erzogen zu haben, der sich als millionenfacher Mörder herausgestellt habe. Dies wurde als teilweises Schuldbekenntnis gewertet, ist aber gleichzeitig auch als Entschuldungsversuch zu sehen, um einem Todesurteil zu entgehen: Der Massenmörder war in dieser Deutung schließlich Hitler, er selbst nur der „Erzieher“. Erziehungsprinzipien und -ziele stellte er nicht in Frage.
Baldur von Schirach wurde wegen seiner Verantwortung für die Deportation der Jüdinnen*Juden aus dem Gau Wien in Konzentrationslager und damit wegen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ zu 20 Jahren Haft verurteilt und im Kriegsverbrechergefängnis Berlin-Spandau inhaftiert. Nach seiner Entlassung im Jahr 1966 lebte er bis zu seinem Tod zurückgezogen in einer Pension in Kröv. Er veröffentlichte 1967 unter dem Titel „Ich glaubte an Hitler“ seine Memoiren; Kenntnis von der massenhaften Vernichtung der Jüdinnen*Juden gehabt zu haben, bestritt er bis zuletzt.