Elisabeth Schneck, verh. Guttenberger (6.2.1926 Stuttgart - 25.3.2024 Wildberg)

Biographies
Verfasst von Sarah Grandke

Verfolgte Sintizza, lebte u.a. in München

Elisabeth Schneck-Guttenberger mit ihrer Nichte und ihrem Neffen, vor 1943 | Privatbesitz Elisabeth Schneck-Guttenberger

Elisabeth Schneck zog mit ihren Eltern sowie den vier Geschwistern 1936 von Stuttgart nach München. Ihr Vater handelte u.a. mit Geigen. Am 8.3.1943 wurde die gesamte Familie festgenommen und ins Münchner Polizeigefängnis gebracht. Wenige Tage später wurden sie ins ‚Zigeunerlager‘ Auschwitz-Birkenau deportiert. Der Sammeltransport vom 13.3.1943 wurde vom Angehörigen der ‚Dienststelle für Zigeunerfragen‘ der Kriminalpolizei München sowie einigen Schutzpolizisten begleitet. Schon während der Verhaftung sowie auch während des Transportes wurden die Sint*izze und Rom*nja misshandelt.

Die Bedingungen im ‚Zigeunerlager‘ waren katastrophal, da sich Krankheiten aufgrund einer lange Zeit fehlenden Kanalisation extrem schnell ausbreiteten. Neben absichtlich knapp bemessenen Nahrungsmitteln, schwerer Zwangsarbeit und dem Mangel an Trinkwasser litten die Häftlinge unter der Brutalität der Wachmannschaften. Elisabeth Schneck war zunächst zu Bauarbeiten auf dem Lagergelände eingeteilt. Ab September 1943 arbeitete sie in der Schreibstube des ‚Zigeunerlagers‘.

Während des Frankfurter Auschwitz-Prozesses berichtete Elisabeth Guttenberger 1965 über ihre dortige Arbeit, die im Führen des Häftlingsbuches für Männer und im Verzeichnen der Todesfälle bestand: „Als Angehörige der Schreibstube hatte ich die Erlaubnis, auswärts zu schreiben, und weil ich einmal an einen Onkel in München in einem Brief in Zigeunersprache erwähnte, der Hunger im Lager wäre groß, es würden Menschen sterben, wurde ich deshalb vom Angeklagten Broad vernommen, zur Rede gestellt und mir die Schreiberlaubnis entzogen. Ich durfte weiter auch keine Pakete erhalten, was sich für meine Mutter und eine andere Schwester verhängnisvoll auswirkte, die ich nicht unterstützen konnte, so daß diese vor Entkräftung starben. Meine Mutter starb Ostern 1944, meine ältere Schwester November 1943, während mein Vater und meine jüngere Schwester im September 1943 bereits verstorben waren“ (Kommissarische Vernehmung vom 2.2.1965, 135. Verhandlungstag/29.131f.).

Im Sommer 1944 wurde Elisabeth Schneck in das KZ Ravensbrück und kurze Zeit später ins KZ Flossenbürg/Außenlager Graslitz transportiert. Während des „Todesmarsches“ im April 1945 konnte sie fliehen.



Quellen

Zeugenaussage Elisabeth Guttenberger, geb. Schneck am 2.2.1965 im Auschwitz-Prozeß, in: Protokoll, Kommissarische Vernehmung vom 2.2.1965 (Pforzheim), 4 Ks 2/63, Bd. 108, Anlage 2 zum Protokoll vom 11.2.1965, aus: Fritz Bauer Institut; Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau (Hg.): Der Auschwitz-Prozess. Tonbandmitschnitte, Protokolle und Dokumente. Berlin 2004, 29.124-29.139.
Guttenberger, Elisabeth: Das Zigeunerlager, in: Adler, H. G./Langbein, Hermann u.a. (Hg.): Auschwitz. Zeugnisse und Berichte, Bd. 3, Köln u.a. 1984, S. 131-134.
Milton, Sybil: Hidden Lives: Sinti & Roma Women, in: Baer, Elizabeth/Goldenberg, Myrna (Hg.): Experience & Expressions: Women, the Nazis & the Holocaust, Detroit 2003, S. 53-75.
Milton, Sybil: Holocaust: The Gypsis, in: Totten, Samuel u.a. (Hg): Century of genocides. Critical essays and eyewitness accounts, New York u.a. 2009, S. 161-204.
 
Zitate:
Elisabeth Schneck, verh. Guttenberger, Kommissarische Vernehmung vom 2.2.1965:
„Wir kamen nicht ins Stammlager selbst, sondern in das etwas entfernt davon liegende Lager Birkenau. Dort wurden wir in Pferdeställen untergebracht […]. Die einzelnen Familien blieben jeweils auf Pritschen zusammen, ich schätze, daß in unserem Aufenthaltsraum, welcher als ein Block bezeichnet wurde, etwa 600 bis 700 Personen untergebracht waren. Bald nach der Ankunft wurden wir am linken Arm tätowiert, […]. […]
Etwa 14 Tage nach meiner Ankunft im Lager wurde ich einem Arbeitskommando von Frauen zugeteilt, welche nach Wegnahme sämtlicher Kleider und nach dem Abschneiden der Haare in Häftlingskleidung arbeiten mußten. Wir mußten die SS-Baracken planieren, Wassergräben ausschachten, Rasenstücke und Steine tragen und wurden anfangs von SS-Frauen bewacht, dann später von Männern […].“

Empfohlene Zitierweise

Sarah Grandke: Schneck, Elisabeth, verh. Guttenberger (publiziert am 09.04.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel?tx_nsdlexikon_pi3%5Baction%5D=show&tx_nsdlexikon_pi3%5Bcontroller%5D=Entry&tx_nsdlexikon_pi3%5Bentry%5D=749&cHash=8bf1784036a3af1ac70b4fb95b88365f