Ina Seidel war geprägt vom Wilhelminismus. Ihr Vater Hermann Seidel war Chirurg in Braunschweig. Nach seinem Freitod 1895 zog die Mutter Emmy Seidel mit ihren drei Kindern Ina, Willy und Annemarie nach Marburg und 1897 nach München. Dort besuchte Ina Seidel eine Privatschule für Höhere Töchter. Vor dem Abitur heiratete sie 1907 den Pfarrer und Schriftsteller Heinrich Wolfgang Seidel. Das Ehepaar lebte mit den Kindern Heilwig und Georg in Berlin und Eberswalde, ab 1934 in Starnberg.
Obgleich kein Mitglied der NSDAP, vertrat Ina Seidel in ihren Büchern, wie etwa „Mütterlichkeit“, „Krieg“ und „Blutromantik“, völkisch-nationalistische Positionen. Ihr größter Erfolg war der Roman „Das Wunschkind“ von 1930. Ihr Werk gehörte „eindeutig zum literarischen Kanon der NS-Zeit“ (Barbian, S. 66). Die NS-Literaturkritik widmete ihr positive Buchbesprechungen und rechnete sie zum „volkhaften“ Bestandteil der deutschen Literatur. Keines ihrer Werke unterlag einem Besprechungsverbot.
Im März 1933 unterzeichnete Ina Seidel die Erklärung der Sektion Dichtkunst in der Preußischen Akademie der Künste, worin sie sich zur unbedingten Loyalität gegenüber der nationalsozialistischen Regierung verpflichtete. Als eine von 88 Schriftstellern unterschrieb sie im Oktober 1933 das „Gelöbnis treuester Gefolgschaft“ für Adolf Hitler. Am Personenkult beteiligte sie sich 1939 zu Adolf Hitlers 50. Geburtstag mit einem Huldigungsartikel und dem Lobgedicht „Lichtdom“. 1944 wurde sie in die „Gottbegnadeten-Liste“ aufgenommen, die 1041 renommierte Künstler*innen des NS-Regime aufführte, und stand auf der Sonderliste der sechs wichtigsten deutschen Schriftsteller*innen.
Nach 1945 setzte Ina Seidel ihre Karriere ungebrochen fort. Ihre Werke zählten zum Schulkanon der Bundesrepublik. Sie war ab 1948 Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und ab 1955 Mitglied der Akademie der Künste, Berlin. Auch wurde sie mit zahlreichen Ehrungen ausgezeichnet. Als eine der wenigen renommierten NS-Schriftsteller*innen setzte sie sich später mit ihrem Verhalten kritisch auseinander und erklärte es mit einem „Mangel an politischer Erziehung, an dem viele Menschen meiner Generation krankten“ (Ina Seidel, Brief an Joseph Wulf vom 2.1.1963).