Simplicissimus

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Verfasst von Paul Hoser

Satirisches Wochenblatt, 1896 – 1944

Karikatur ‚Der Münchner‘ von Karl Arnold, Titelbild der Satirezeitschrift Simplicissimus, 3.12.1923 | Bayerische Staatsbibliothek München/(c) VG Bild-Kunst, Bonn 2015

Der Simplicissimus war als satirische Wochenzeitschrift erstmals am 4.4.1896 im Verlag von Albert Langen in München erschienen. Seine Glanzzeit erlebte das Blatt vor dem Ersten Weltkrieg. Hervorragende Künstler wie Thomas Theodor Heine, Olaf Gulbransson und andere arbeiteten ebenso für ihn wie bedeutende Schriftsteller, etwa Frank Wedekind oder Ludwig Thoma.

Während das Blatt in dieser Zeit eine liberale Orientierung aufwies, dominierte im Ersten Weltkrieg nationales Denken. Militaristische und chauvinistische Tendenzen machten sich breit, und die Satire bewegte sich auf niederem Propagandaniveau. Der Schock über den verlorenen Krieg bewirkte kein Umdenken. Frankreich demütigte in der Sicht des „Simplicissimus“ das wehrlose Deutschland und ließ es hungern. Zusammen mit England war es für die Kriegschuldlüge und die Reparationszahlungen verantwortlich.

In der Inflationszeit prangerte man diejenigen an, die Gewinne aus dem Krieg gemacht hatten. Das Vielparteiensystem der Weimarer Republik erschien als Gefährdung der nationalen Einheit. Gleichzeitig wandte sich das Blatt aber auch gegen das Zusammenwirken der national-konservativen mit der radikalen Rechten, das die grundsätzlich akzeptierte Demokratie gefährdete. Auch die Blindheit der Justiz gegenüber den Rechtsradikalen blieb ihm nicht verborgen. Hitler wurde immer wieder lächerlich gemacht.
Innerhalb der Redaktion bestanden Gegensätze zwischen einer grundsätzlich demokratisch-kritischen Richtung um Hermann Sinsheimer, der seit 1924 die Leitung des Blattes innehatte, und einer mehr rechten und nationalen Tendenz, für die der Zeichner und Teilhaber Karl Arnold stand. 1929 wurde Sinsheimer durch den Lektor und Kunsthistoriker Franz Schoenberner abgelöst.

In der Nacht vom 10. auf den 11.3.1933 verwüstete die SA die Redaktionsräume. Unter Druck verpflichteten sich die Gesellschafter, fortan jeden Spott über die Nationalsozialisten zu unterlassen.Die NSDAP erzwang dann auch die Abtretung an den Verlag Knorr & Hirth, der vom parteieigenen Eher-Verlag kontrolliert wurde. Gulbransson, Arnold und andere drängten ihrerseits die Juden Schoenberner und Heine aus dem Blatt.
Die antikommunistische und nationalistische Tendenz ließ sich nahtlos weiterführen. Im Krieg wurde der Simplicissimus erneut ein Propagandakampfblatt. Die letzte Nummer erschien am 12.9.1944.

Quellen

Koszyk, Kurt: Deutsche Presse 1914-1945, Berlin 1972.
Simplicissimus. Eine satirische Zeitschrift, München 1896-1944 (Ausst.-Kat. München, Haus der Kunst), München 1977.
Rösch, Gertrud (Hg.): Simplicissimus. Glanz und Elend der Satire in Deutschland, Regensburg 1996.




Empfohlene Zitierweise

Paul Hoser: Simplicissimus (Zeitschrift) (publiziert am 31.10.2023), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel?tx_nsdlexikon_pi3%5Baction%5D=show&tx_nsdlexikon_pi3%5Bcontroller%5D=Entry&tx_nsdlexikon_pi3%5Bentry%5D=781&cHash=c102e18097501dff3b9511e3a4af011a