Wilhelm Tag entstammte einer jüdischen Kaufmannsfamilie. Tag arbeitete als Handelsvertreter und wohnte zur Untermiete in Schwabing. Nach der Denunziation eines Nachbarn im Jahr 1932, Tag würde junge Burschen mit auf sein Zimmer nehmen, bestritt dieser erfolgreich die Anschuldigungen; das gegen ihnen eingeleitete Ermittlungsverfahren musste mangels Beweisen eingestellt werden.
Am 21.2.1936 wurde Tag abermals festgenommen, als die Bayerische Politische Polizei begann, ein sogenanntes „homosexuelles Netzwerk“ um den Kunsthistoriker Manfred Bühlmann zu zerschlagen. Wenig später kam Tag ins KZ Dachau. Dort erhielt er eine Strafe von 25 Stockhieben und acht Tagen Dunkel- und Einzelhaft bei Wasser und Brot, weil man bei ihm ein Gedicht von Bertolt Brecht gefunden hatte. Im Herbst 1936 zu 17 Monaten Gefängnis mit anschließender Schutzhaft verurteilt, wurde er nach Verbüßung der Haft vom Gefängnis Nürnberg-Zellenstraße wieder ins KZ Dachau verbracht, später von dort nach Buchenwald. Die Bemühungen seiner Mutter und seines Stiefvaters um eine Auswanderung hingen über Monate in der Schwebe, da die Aufnahmestaaten ein straffreies polizeiliches Führungszeugnis forderten. Die Gestapo in München versuchte, seine Ausreise zu verhindern, da „gegen die Auskunftsbeschränkung Bedenken“ bestünden. Tag sei „Homosexueller und Staatsfeind“, und es sei unangebracht, „ihm durch die Auskunftsbeschränkung die Wege im Ausland zu ebnen“. Tags Rechtsanwalt Hans Bloch gelang es, ihn aus dem KZ Buchenwald freizubekommen.
Im Juni 1939 emigrierte Tag nach Shanghai und blieb dort bis Anfang 1953. Im selben Jahr stellte er einen Antrag auf Wiedergutmachung und lebte in den 1950er/60er-Jahren in Südafrika, München und Hongkong. Nach 1962 verliert sich seine Spur.