Alfred Andersch (4.2.1914 München – 21.2.1980 Berzona/Schweiz)

Biografien
Verfasst von Oliver Hochkeppel

Schriftsteller, Herausgeber, Rundfunkredakteur; Gründungsmitglied der Gruppe 47

Alfred Andersch (1914-1980), Aufnahme von 1974 | Bayerische Staatsbibliothek München/Fotoarchiv Timpe, timp-008576

Alfred Andersch wurde als zweiter von drei Söhnen eines rechtskonservativen Münchner Buchhändlers (ursprünglich Tierarzt) geboren. Er besuchte ab 1924 das Wittelsbacher-Gymnasium, dessen Direktor Joseph Gebhard Himmler, der Vater Heinrich Himmlers, war und den Andersch später zur Hauptfigur seiner letzten, posthum erschienenen Erzählung „Der Vater eines Mörders“ machte. Kurz vor dem Abitur war Andersch wegen schlechter Noten gezwungen, die Schule abzubrechen, und begann eine Buchhändler-Lehre.

Nach dem frühen Tod des Vaters trat er 1929 dem Kommunistischen Jugendverband (KJV) bei, dessen Organisationsleiter für Südbayern er im Januar 1932 wurde. So geriet er im März 1933 als 19-Jähriger in die erste Verfolgungswelle gegen Regimegegner. Es ist jedoch unklar, ob er auch im KZ Dachau war. Andersch ging daraufhin jedenfalls in die ‚innere Emigration‘ und verhielt sich politisch unauffällig. So nahm er 1933 eine Stelle beim antisemitischen J.F. Lehmanns Verlag an. 1935 heiratete er seine ‚halbjüdische‘ Freundin Angelika Albert. Im April 1937 ging er als Werbetexter nach Hamburg. In dieser Zeit begann er mit dem Schreiben von Erzählungen. 1940 wurde Andersch zum Kriegsdienst einberufen. Nach dem Frankreichfeldzug wurde er 1941 wegen seiner ‚nichtarischen‘ Frau entlassen. Er arbeitete bei einer Kosmetikfirma in Frankfurt am Main, wo er mit der Malerin und späteren zweiten Frau Gisela Gronauer lebte. 1943 ließ er sich von Angelika Albert scheiden; daraufhin wurde er erneut eingezogen.

1944 desertierte er in Italien und kam als Kriegsgefangener in die USA, wo er Redakteur der Lagerzeitung Der Ruf wurde. Mit Verweis auf seine frühere Ehe durfte Andersch 1945 nach Deutschland zurückkehren und wurde in München zunächst Assistent bei Erich Kästners Neue Zeitung, bevor er mit Hans Werner Richter die Monatsschrift Der Ruf und kurz darauf den Literatenzirkel Gruppe 47 gründete. Von 1948 bis 1958 arbeitete Andersch als Rundfunkredakteur, danach ging er unter Protest gegen die politische und gesellschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik in die Schweiz, deren Staatsbürgerschaft er 1972 bekam und wo er 1980 starb. Bis dahin blieb er – vielfach preisgekrönt – eine der einflussreichsten Persönlichkeiten der deutschen Literaturszene.

Quellen

Andersch, Alfred: Die Kirschen der Freiheit, Zürich 1968 (Autobiografie).
Poppe, Reiner: Alfred Andersch, Stuttgart 1999.
Reinhard, Stephan: Alfred Andersch, Eine Biographie, Zürich 1990.

Empfohlene Zitierweise

Oliver Hochkeppel: Andersch, Alfred (publiziert am 17.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/lexikon/artikel/andersch-alfred-24