Hans Eisele (13.3.1913 Donaueschingen – 3.5.1967 Maadi/Ägypten)

Biografien
Verfasst von Ulla-Britta Vollhardt

SS-Hauptsturmführer, KZ-Arzt

Hans Eisele nach seiner Internierung durch die Alliierten, 1945. | Yad Vashem Photo Archives 1584/238

Der Sohn eines Kirchenmalers studierte ab 1931 in Freiburg Medizin. Er trat 1933 der NSDAP und der SS bei. 1939 erhielt Eisele seine ärztliche Zulassung. Anfang 1940 wurde er zur Waffen-SS einberufen und bis 1942 als Arzt in den KZ Mauthausen, Buchenwald und Natzweiler eingesetzt. Mitte 1942 wechselte Eisele zur SS-Division „Das Reich“ und versah vor allem Lazarettdienst in Prag. Seit Februar 1945 war er als Lagerarzt im KZ Dachau tätig, von wo er sich Ende April absetzte.

Im Juni 1945 wurde er verhaftet. Amerikanische Militärgerichte verurteilten ihn im Rahmen der Dachauer Prozesse wegen der Misshandlung und Tötung von Häftlingen in den KZ Dachau und Buchenwald im Dezember 1945 und im August 1947 zum Tode. Nach der Aufhebung bzw. Umwandlung der Urteile in eine lebenslange, dann in eine zehnjährige Haftstrafe wurde Eisele im Februar 1952 vorzeitig aus dem Kriegsverbrechergefängnis Landsberg entlassen. Da sein Freiburger Entnazifizierungsverfahren mit Verweis auf seine Haft eingestellt worden war, galt Eisele als politisch entlastet und bekam 1953 seine kassenärztliche Zulassung. Mit Hilfe der vom Staat gewährten Heimkehrerentschädigung – der verurteilte NS-Verbrecher war als Kriegsgefangener anerkannt worden – sowie eines zinslosen staatlichen Darlehens eröffnete der ehemalige SS-Mann in München-Pasing eine Arztpraxis.

1958 geriet er in den Fokus der deutschen Ermittlungsbehörden, konnte aber aufgrund des nachlässigen Vorgehens von Polizei und Justiz rechtzeitig vor seiner Festnahme nach Ägypten fliehen. Er ließ sich mit seiner Familie in dem Kairoer Villenvorort Maadi nieder, wo er eine florierende Arztpraxis führte. Einem Auslieferungsantrag der Bundesrepublik gaben die ägyptischen Behörden nicht statt. Der auch in der Presse breit diskutierte „Fall Eisele“ zog Ermittlungs- und Dienststrafverfahren gegen Angehörige des Münchner Polizeipräsidiums und den zuständigen Staatsanwalt nach sich, der bereits seit 1955 von erneuten Anschuldigungen gegen Eisele gewusst, sie aber nicht konsequent weiter verfolgt hatte. Die Verfahren blieben bis auf eine geringe Geldbuße folgenlos.

Quellen

Christmann, Bernd: Hanns Eisele. Biographische Nachforschungen zu einem SS-Arzt, Marburg 2011.
Eichmüller, Andreas: Keine Generalamnestie. Die strafrechtliche Verfolgung von NS-Verbrechen in der frühen Bundesrepublik, München 2012.

Empfohlene Zitierweise

Ulla-Britta Vollhardt: Eisele, Hans (publiziert am 06.11.2023), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/lexikon/artikel/eisele-hans-182