Rechte Räume Video

‚Rechte Räume‘ ist ein Forschungsprojekt des Instituts für Grundlagen moderner Architektur und Entwerfen (IGmA) der Universität Stuttgart.

rechteraeume.net

Über das Projekt

Wo wird historisches antisemitisches, kolonialistisches und nationalsozialistisches Gedankengut architektonisch sowie stadträumlich sichtbar? Wo zeichnen sich Zusammenhänge zwischen städtischer Baukultur und rechtem Denken ab? Auf einem Stadtrundgang erkundeten Paul-Moritz Rabe (NS-Dokumentationszentrum München), Stephan Trüby und Philipp Krüpe (IGmA der Universität Stuttgart) 2021 gemeinsam mit weiteren Expert*innen ‚rechte Räume‘ in München und erörterten deren Geschichte und Politik.

Das 2018 gestartete Projekt thematisiert gebaute Spuren rassistischer Kolonialgeschichte und des Nationalsozialismus sowie Kontinuitäten rassistischer, antisemitischer und extrem rechter Ideologien bis heute Es nimmt Raumproduktionen bestimmter historischer Epochen in den Blick und analysiert deren Auswirkungen auf die Gegenwart.

Der Königsplatz und seine Umgebung

Der Historiker Paul-Moritz Rabe erläutert anhand des Münchner Königsplatzes und der angrenzenden Zwillingsbauten von ‚Führerbau‘ und ‚Verwaltungsbau‘ die Bedeutung von Architektur als Macht- und Herrschaftsinstrument im Nationalsozialismus. Deutlich wird: Der Königsplatz war schon zur NS-Zeit ein Erinnerungsort, hier fanden Aufmärsche zum Gedenken an den Hitlerputsch von 1923 statt. Für die ‚Opfer‘ des Putsches wurden zwei ‚Ehrentempel‘ erbaut. Das ‚Braune Haus‘ war ab 1931 die Parteizentrale der NSDAP. Der Umzug der Parteizentrale ins noble bürgerliche Viertel der Maxvorstadt sollte den Übergang der NSDAP von der Splitter- zur Massenpartei markieren. Stephan Trüby weist im Anschluss auf die gegenwärtige ikonographische Instrumentalisierung des Königsplatz-Areals in rechten (Musiker-)Kreisen hin.

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Der Karolinenplatz

Am Münchner Karolinenplatz beschreibt Paul-Moritz Rabe das einstige Zentrum des Parteiviertels der NSDAP anhand von zwei exemplarischen Gebäuden: Das Oberste Parteigericht mit Sitz am Karolinenplatz 4 war ein parteiinternes Gremium für Mitgliedsanträge und Streitigkeiten, das innerparteiliche Konkurrenzen stabilisierte und später auch Hitler befähigte, potenzielle Konkurrenz auszuschalten. In direkter Nachbarschaft, am Karolinenplatz 5, findet sich das Prinz-Georg-Palais, das von 1908 bis 1931 als Privathaus des Münchner Verleger*innenehepaars Elsa und Hugo Bruckmann genutzt wurde. Beide waren unter den ersten Förder*innen Hitlers und verhalfen ihm zu Kontakten in der bürgerlichen Elite Münchens. Ihre Verlagsanstalt F. Bruckmann AG publizierte ab Ende des 19. Jahrhunderts völkische, rassistische und antisemitische Literatur – wie etwa von Houston Stewart Chamberlain – und trug damit insbesondere nach dem Ersten Weltkrieg zur Radikalisierung von Teilen des Münchner Kulturmilieus und darüber hinaus bei.

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Der Odeonsplatz

Am Münchner Odeonsplatz berichtet Grit Ranft, die offizielle Gästeführerin der Landeshauptstadt München, von dem Aufstieg der Nationalsozialist*innen vor dem Hintergrund der Feldherrnhalle 1923 ereignete sich der so genannte Hitlerputsch zu. Adolf Hitler und seine Anhänger*innen riefen im Münchner Bürgerbräukeller die nationale Revolution aus und zogen in Richtung Feldherrenhalle. Hier stellte sich ihnen die Bayerische Landespolizei entgegen. Beim darauffolgenden Schusswechsel starben 20 Menschen, darunter vier Polizisten, 15 Putschisten sowie der unbeteiligte Kellner Karl Kuhn. Hitler erhielt eine kurze Haftstrafe und wurde im veränderten politischen Klima um 1933 zum Reichskanzler gewählt. Im Zuge dessen erfuhr die Feldherrnhalle, so Ranft, eine Aufwertung zum nationalsozialistischen Nationalheiligtum. Zum Zeitpunkt des Rundgangs fand um die Feldherrnhalle herum die IAA 2021 statt und deutsche Mobilitätsfirmen, die einst direkt oder indirekt vom NS-Regime profitiert hatten, präsentierten sich vor historisch belasteter Kulisse.

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Die Hofgartenarkaden

Sabine Brantl, Leiterin der Archivabteilung des Hauses der Kunst, und Stephan Trüby sprechen im Münchner Hofgarten über nationalsozialistische Propagandaausstellungen und deren spätere Rezeption. Brantl beschreibt die Parallelität der Großen Deutschen Kunstausstellung und der Ausstellung Entartete Kunst 1937, die zum Ziel hatte, den ‚gesunden‘ Volkszorn gegen die Moderne anzufachen. Trüby geht im Anschluss auf die umstrittene Ausstellung Dove sta Memoria (‚Was ist Erinnerung‘) des Künstlers Gerhard Merz von 1986 ein, bei der ein Exponat der Ausstellung Entartete Kunst unkritisch durch skulpturale Weiheformeln und Zitate des antisemitischen Dichters Ezra Pound gerahmt wurde.

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Die Kaulbachstraße 15

Der Journalist und Autor Robert Andreasch erzählt vor dem ehemaligen Münchner Sitz des amerikanischen Radiosenders American Forces Networt AFN in der Kaulbachstraße 15 von der Geschichte der rechtsextremen Organisation Wehrsportgruppe Hoffmann. Hier hatte der 19-jährige Bundeswehrsoldat Dieter Epplen 1976 den ersten Bombenanschlag der Gruppe verübt. Zwar gab es nie einen Angriff der gesamten ‚Privatarmee‘ – in der zeitweilig 300 bis400 Mitglieder militärisch trainiert wurden – gleichwohl verübten kleine Gruppen der Organisation furchtbare Attentate. Laut Andreasch kann die Wehrsportgruppe Hoffmann als Paradebeispiel für die jahrzehntelange politische Verharmlosung von rechtsterroristischen Strukturen verstanden werden.

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Die Schellingstraße zur Zeit des Nationalsozialismus und davor

Paul-Moritz Rabe führt durch die Münchner Schellingstraße, wo sich personelle und räumliche Zusammenhänge der NSDAP überschneiden. In der Schellingstraße 45 befand sich zur NS-Zeit das Buchgewerbehaus samt Franz-Eher-Verlag, in dem sowohl Hitlers Schrift Mein Kampf als auch der Völkische Beobachter erschien. Die Schellingstraße 50 war von 1925 bis 1930 Standort der NSDAP-Parteizentrale und eng mit ihrer Entwicklung von einer Splitterpartei hin zur ‚Volkspartei‘ verbunden. Der Schellingsalon und die Osteria Italiana waren zeitweise Stammlokale von Hitler und NSDAP-Parteifunktionär*innen. Paul-Moritz Rabe legt die Netzwerke dar, die von den Hauptschriftleitern des Völkischen Beobachters Dietrich Eckart und Alfred Rosenberg über den Leiter des Franz-Eher-Verlags Max Amann bis zu Hitlers Leibfotograf Heinrich Hoffmann und Eva Braun reichten.

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Die TU München an der Arcisstraße

Die an der Technischen Universität München tätige Architekturwissenschaftlerin Elena Markus erläutert an der Arcisstraße 21 die Geschichte dieses Universitätsgebäudes und seines Umfeldes während der NS-Zeit und blickt zudem auf die Tätigkeiten einiger verantwortlicher Architekten: 1922 kam etwa German Bestelmeyer an die Hochschule, der für das traditionsgebundene Bauen stand und sich für den Nationalsozialismus engagierte. Zu dessen Gegenspieler wurde der 1930 berufenen Professor Robert Vorhoelzer, dem bereits 1933 der Lehrstuhl aus politischen Gründen wieder entzogen wurde. Vorhoelzer emigrierte daraufhin in die Türkei und kehrte erst 1946 wieder an die Münchner Hochschule zurück.

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