Unterschiedliche Lebens- und Arbeitsbedingungen
Zwangsarbeit war allgegenwärtig – in allen Arbeits- und Lebensbereichen und nicht nur in den sogenannten ‚kriegswichtigen‘ Betrieben der Rüstungsindustrie. 1944 war jede*r vierte Beschäftigte im Deutschen Reich zwangsbeschäftigt. 43% aller ausländischen Zwangsarbeiter*innen wurden in der Industrie eingesetzt. Andere Einsatzgebiete waren die Landwirtschaft (36%), der Dienstleistungsbereich (12%), das Baugewerbe (6%) und der Bergbau (3%).
Allein mehr als 200.000 junge Frauen aus Osteuropa wurden als Kinder- und Dienstmädchen zwangsbeschäftigt. Der Großteil der Zwangsarbeiter*innen wurde inmitten deutscher Städte und Dörfer untergebracht: in eigens errichteten Barackenlagern, in zu Lagern umfunktionierten Schulen, in Turnhallen oder Gasthäusern. Damit Unternehmen die ausländischen Arbeitskräfte zugeteilt bekamen, mussten sie Unterkünfte bereitstellen. Über 30.000 solcher Sammelunterkünfte gab es im Deutschen Reich – das entspricht in etwa der heutigen Anzahl an Supermärkten und Lebensmittelläden in Deutschland.
Es gab unterschiedliche Gruppen von Zwangsarbeiter*innen im Deutschen Reich, darunter etwa 8,5 Millionen zivile Zwangsarbeiter*innen, 4,6 Millionen Kriegsgefangene und 1,7 Millionen KZ-Häftlinge, die Zwangsarbeit leisteten. Diese Kategorien konnten auch verändert werden: So wurden beispielsweise viele italienische und sowjetische Kriegsgefangene in den Zivilstatus überführt, um sie in der Rüstungsindustrie einzusetzen, auch wenn das den internationalen Kriegskonventionen widersprach. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Zwangsarbeiter*innen unterschieden sich teilweise erheblich. Sie hingen nicht nur vom zugeschriebenen Status, sondern auch von der Art der Tätigkeit, der Unterbringung, der Ernährungslage oder der Behandlung durch die Vorgesetzten ab.