Alte Pinakothek

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Verfasst von Elisabeth Kraus

Eine der weltweit bedeutendsten Gemäldegalerien; in der NS-Zeit Forum für die nationalsozialistische Kunstpolitik

Bei ihrer Eröffnung 1836 in Münchens Maxvorstadt war die Alte Pinakothek der größte Museumsbau der Welt. Er war von König Ludwig I. zehn Jahre zuvor an Leo von Klenze in Auftrag gegeben worden. Die Alte Pinakothek machte vor allem Werke altdeutscher und altniederländischer Meister sowie der italienischen Renaissance der Öffentlichkeit zugänglich. Die Bestände waren und sind Teil der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. Deren Direktor und damit auch Leiter der Alten Pinakothek in der NS-Zeit war der 1921 an der Münchner Universität promovierte Kunsthistoriker Ernst Buchner. Er war Mitglied des „Kampfbunds für Deutsche Kultur“ und trat im Mai 1933 der NSDAP bei. 1940 wurde er Professor für Kunstgeschichte an der Universität München und im Jahr darauf ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.

Ganz anders dagegen gestaltete sich der Berufsweg von August L. Mayer. Der seit 1909 an der Pinakothek tätige, international renommierte jüdische Kurator war außerplanmäßiger Professor an der Universität München und Spezialist für altspanische Malerei. Aufgrund einer antisemistisch motivierten Verleumdungskampagne war er schon vor 1933 aus dem Amt vertrieben worden. Er wurde 1944 im Exil in Monaco verhaftet, nach Auschwitz deportiert und dort wenige Tage nach seiner Ankunft ermordet.

Über weitläufige Tauschgeschäfte griff Pinakotheken-Direktor Buchner in die Bestände der Staatsgemäldesammlungen ein. Dies führte zur Anschaffung der im Nationalsozialismus bevorzugten Stilrichtungen, v.a. der Altdeutschen Malerei, teilweise auch zum überteuerten Erwerb überschätzter Künstler, etwa Vertreter der deutschen Kunstschule, oder auch falsch zugeschriebener Werke. Zudem gelangten unter Buchner etliche Gemälde entweder im Zuge der „Arisierung“ und hierbei insbesondere unmittelbar nach den Novemberpogromen 1938 aus jüdischem (Kunst-)Besitz oder über den Kunsthandel in die Alte Pinakothek. Überdies war er als gefragter Gutachter, u.a. der 1938/39 allein in München beschlagnahmten Kunstsammlungen von fast 70 jüdischen Sammlerinnen und Sammlern, für den „organisierten Kunstraub“ (Bambi, S. 132) der Nationalsozialisten tätig.

Im Ergebnis der Entnazifizierung wurde Buchner als „Mitläufer“ eingestuft. Zum 1. April 1953 wurde er wieder als Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen eingesetzt, eine Position, die er bis zu seiner Pensionierung vier Jahre später innehatte. Am 7. Juni 1957 eröffnete Buchner die im Krieg schwer beschädigte, seit 1952 durch Hans Döllgast wieder aufgebaute Alte Pinakothek. Die Bombentreffer im Mittelteil der Südfassade wurden mittels einer farblich und durch reduzierte Details leicht abweichenden „Plombe“ verschlossen. Damit blieben die Wunden des Krieges zwar erkennbar, die Gebäudestruktur aber bewahrt.

Quellen

Bambi, Andrea: „Nicht pinakothekswürdig“. Ernst Buchners Museumspolitik und ihre Folgen: Tauschgeschäfte und Ausstellungen in den Pinakotheken 1933–1945, in: Jahresbericht / Bayerische Staatsgemäldesammlungen 2016, S. 126-135.
Haerendel, Ulrike: Alte Pinakothek, in: Nerdinger, Winfried (Hg.): Ort und Erinnerung. Nationalsozialismus in München, München 2006, S. 207. Schleusener, Jan: Raub von Kulturgut. Der Zugriff des NS-Staats auf jüdischen Kunstbesitz in München und seine Nachgeschichte, Berlin 2016. 

Empfohlene Zitierweise

Elisabeth Kraus: Alte Pinakothek (publiziert am 31.01.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/alte-pinakothek-16