Arbeitsgemeinschaft der vaterländischen Kampfverbände (4.2. – 2.9.1923)

Organizations
Verfasst von Brigitte Zuber

Dachverband paramilitärischer Kampfbünde unter nationalsozialistischer Führung

Die ‚Arbeitsgemeinschaft der vaterländischen Kampfverbände‘ gründete sich anlässlich der Ruhrbesetzung durch französische und belgische Truppen. Während die Reichsregierung zum ‚passiven Widerstand‘ und zur Bildung einer ‚Nationalen Einheitsfront‘ aufrief, propagierten die NSDAP und insbesondere der Reichswehroffizier Ernst Röhm, seit 1919 NSDAP-Mitglied, dass Frankreich nur besiegt werden könne, wenn der ‚innere Feind‘ Deutschlands – Marxist*innen, Juden*Jüdinnen, Sozialdemokrat*innen – endgültig geschlagen sei. Zur Vorbereitung einer dafür notwendigen ‚nationalen Diktatur‘ wie auch für eine eventuelle militärische Kraftprobe mit Frankreich initiierte Röhm mit Unterstützung der Bayerischen Reichswehrführung die neue Arbeitsgemeinschaft. Ihr gehörten die SA, der Bund Wiking, der Bund Oberland, die Reichsflagge, der Gau Niederbayern des ‚Bunds Bayern und Reich‘, die Vaterländischen Bezirksvereine Münchens (ehemals Münchner Einwohnerwehren) sowie die NSDAP an. Militärischer Leiter wurde Hermann Kriebel, einst Stabschef der Einwohnerwehren Bayerns und der Organisation Escherich. Die politische Geschäftsführung übernahm Christian Roth, der 1920/21 bayerischer Justizminister war.

Durch die neue Arbeitsgemeinschaft verlor der ‚Bund Bayern und Reich‘ seine bisherige Monopolstellung als Wehrreserve bei der Reichswehr. Waffen und andere Ressourcen der Reichswehr leitete Röhm nun verstärkt der Arbeitsgemeinschaft zu.

Nach dem Fiasko, das die Arbeitsgemeinschaft und besonders die NSDAP am 1.5.1923 erlebten – sie mussten die zur Sprengung der Gewerkschaftskundgebung organisierten Waffen auf Befehl der Reichswehrführung noch vor der Aktion wieder abliefern – schien der Höhenflug der NSDAP fürs Erste gestoppt. Die Mehrheit der Vaterländischen Bezirksvereine Münchens und die Niederbayern von ‚Bayern und Reich‘ verließen daraufhin die Arbeitsgemeinschaft.

Als die Regierung Cuno im August dem Kabinett Stresemann Platz machte, sammelte die NSDAP wieder ihre Kräfte. Am ‚Deutschen Tag‘ Anfang September 1923 in Nürnberg wandelte sich die Arbeitsgemeinschaft in den ‚Deutschen Kampfbund‘ um.

Quellen

Gossweiler, Kurt: Kapital, Reichswehr und NSDAP 1919-1924, Köln u.a. 1982.

Empfohlene Zitierweise

Brigitte Zuber: Arbeitsgemeinschaft der vaterländischen Kampfverbände (publiziert am 13.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/arbeitsgemeinschaft-der-vaterlaendischen-kampfverbaende-32