Anita Augspurg (22.9.1857 Verden / Aller – 20.12.1943 Zürich)

Biographies
Verfasst von Sabine Schalm

Juristin, Publizistin, Frauenrechtlerin

Anita Augspurg (1857-1943), Aufnahme um 1925 | Münchner Stadtmuseum, FM-87/61/1139.3, Foto: Philipp Kester

Anita Augspurg wuchs unweit von Bremen in einer politisch interessierten Familie mit großen persönlichen Freiheiten auf. Gerade volljährig zog sie 1878 nach Berlin. Eine Erbschaft ermöglichte ihr finanziell ein selbstbestimmtes Leben jenseits einer bürgerlichen Versorgungsehe. Nach einer Schauspielausbildung folgten wechselnde Engagements im In- und Ausland.

1886 zog Augspurg zusammen mit Sophia Goudstikker nach München, ließ sich als Fotografin ausbilden und eröffnete 1887 in der Von-der-Tann-Straße 15 das „Fotoatelier Elvira“. Neben ihren Fotoarbeiten fielen die „Nicht-Münchnerinnen“ durch ihr unkonventionelles Auftreten in Reformkleidung und mit Kurzhaarfrisur auf. Augspurg fuhr Fahrrad, ritt im Herrensitz durch den Englischen Garten, rauchte öffentlich und pflegte enge Kontakte zu Schwabinger Künstlern und Literaten. 1893 entschloss sich Augspurg zu einem Jurastudium in Zürich.

1897 kehrte sie als erste promovierte Juristin nach München zurück und wurde als streitbare und radikal bürgerliche Frauenrechtlerin zu einer Ikone der Frauenbewegung. Unkonventionell kämpfte sie für die Gleichstellung von Frauen, für das Frauenwahlrecht und in der Frauenfriedensbewegung. In den 1920er-Jahren analysierte sie die politischen Missstände der Weimarer Republik in der mit ihrer Lebensgefährtin Lida Gustava Heymann in München herausgegebenen Monatsschrift „Die Frau im Staat“.

Augspurg warnte bereits 1921 vor dem antisemitischen Terror der Nationalsozialisten und wurde so selbst zur Zielscheibe völkisch-nationaler Agitation. Anfang 1923 forderten Augspurg und Heymann mit Ellen Ammann vergeblich die Ausweisung Adolf Hitlers aus Bayern. Als Hitler am 30.1.1933 Reichskanzler wurde, befand sich Anita Augspurg mit Lida G. Heymann auf Mallorca. Aus Furcht um ihr Leben entschieden sich die beiden, nicht mehr nach Deutschland zurückzukehren. Augspurg emigrierte 76jährig nach Zürich. Die Nationalsozialisten konfiszierten ihren Besitz. 1943 starb Anita Augspurg in Zürich.

Quellen

Henke, Christiane: Anita Augspurg, Reinbek 2000.
Heymann, Lida Gustava/Augspurg, Anita: Erlebtes - Erschautes. Deutsche Frauen kämpfen für Freiheit, Recht und Frieden 1850-1940, hg. von Margrit Twellmann, Frankfurt am Main 1992.
Kinnebrock, Susanne: Anita Augspurg (1857-1943). Feministin und Pazifistin zwischen Journalismus und Politik. Eine kommunikationshistorische Biographie, Herbolzheim 2005.

Empfohlene Zitierweise

Sabine Schalm: Augspurg, Anita (publiziert am 27.11.2023), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/augspurg-anita-47