Jakob Bamberger stammte aus einer Artistenfamilie, die auch ein Wanderkino betrieb. Auch er arbeitete dort mit, bis der Familie wie allen Sinti*zze und Rom*nja 1935 das Reisen verboten wurde. Noch 1934 war er in die Boxmannschaft des deutschen Olympiakaders aufgenommen worden. Er wurde u.a. deutscher Vizemeister im Fliegengewicht. 1941 wollte er vor den zunehmenden Verfolgungen ins Protektorat Böhmen und Mähren fliehen, doch wurde er bereits an der Grenze verhaftet und in das KZ Flossenbürg eingewiesen.
1943 kam er ins KZ Dachau, wo er als Versuchsperson an den ‚Meerwasserversuchen‘ teilnehmen musste. Die Experimente zur Trinkbarmachung von Salzwasser wurden von Marine und Luftwaffe in Auftrag gegeben. Es sollte herausgefunden werden, ab wann ein über dem Meer abgeschossener Flieger oder in Seenot geratener Matrose verdurstet und was dies verhindern könnte. Bei den Versuchen mussten die KZ-Häftlinge tagelang ausschließlich chemisch behandeltes Meerwasser trinken. Sie litten unter großen Schmerzen, Durst und Halluzinationen. Nur kurze Zeit danach musste Jakob Bamberger im KZ-Außenlager Haunstetten Zwangsarbeit leisten, wo u.a. Treibstofftanks für Flugzeuge der Firma Messerschmitt gebaut wurden. Ende 1944 kam er ins KZ Buchenwald/Außenlager Langensalza, ein Straflager für entflohene und wieder aufgegriffene Häftlinge. Bei der sogenannten ‚Evakuierung‘ des Außenlagers im April 1945 mussten die Häftlinge zu Fuß zum etwa 50 km entfernten Stammlager Buchenwald marschieren. Von dort sollten sie weiter ins KZ Flossenbürg transportiert werden. Auf dem Weg dorthin wurde Jakob Bamberger durch die US-Armee befreit. Von seiner Familie überlebte außer ihm nur noch sein Vater.
Nach dem Krieg lebte Jakob Bamberger zunächst in München und arbeitete für die US-Army. Er litt unter schweren, durch die Meerwasserersuche verursachte Nierenschäden. 1947 heiratete er eine Frau, die ebenfalls wegen ihrer Herkunft in Konzentrationslagern inhaftiert war und dort erhebliche Gesundheitsschäden erlitten hatte. Nur zwei Jahre später starb sie an den Spätfolgen der KZ-Haft. Obwohl Jakob Bamberger als Versuchsperson missbraucht und über Jahre hinweg in Haft gehalten worden war, bekam er erst 1969 eine Mindestrente bewilligt. Er kämpfte lange um eine angemessene Entschädigung und engagierte sich auch für die allgemeine Anerkennung der Rechte der Sinti*zze und Rom*nja. So beteiligte er sich Ostern 1980 an einem achttägigen Hungerstreik in der KZ-Gedenkstätte Dachau, um zusammen mit elf anderen Sinti gegen die anhaltende Diskriminierung zu protestieren. 1982 erkannten Bundesregierung und Bundestag die nationalsozialistischen Verbrechen an den Sinti*zze und Rom*nja als aus rassistischen Gründen begangenen Völkermord an. Dies bildete die Voraussetzung dafür, dass sich in der Folge auch die Entschädigungspraxis gegenüber Sinti*zze und Rom*nja änderte.
Zitat:
„Wäre ich eine Nazi-Größe gewesen, würde ich eine staatliche Rente bekommen, wie der Filbinger oder die Frau vom Ritter oder der Herr Eichberger, der uns Sinti nach Auschwitz brachte und nach dem Krieg weiter im Bayerischen Landeskriminalamt gegen uns Sinti arbeitete. Deshalb habe ich letztes Jahr an Ostern auch beim Hungerstreik mitgemacht“ (Bamberger, S. 146).