Bayerische Akademie der Wissenschaften

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Verfasst von Elisabeth Kraus

Nationalsozialistische Einflussnahme und Rehabilitierung nach 1945

Bayerische Akademie der Wissenschaften, um 1930 | StadtAM, FS-STB-1023

Die 1759 vom bayerischen Kurfürsten Maximilian III. Joseph als freie Gelehrtengemeinschaft und Forschungseinrichtung gegründete Akademie sollte dem wissenschaftlichen Fortschritt dienen, weshalb ihre Mitglieder von Beginn an unabhängig von regionaler Herkunft oder Religion gewählt wurden. Sie war in einem früheren Kollegiengebäude des Jesuitenordens in der Neuhauserstrasse in München bis zu dessen Zerstörung im April 1944 untergebracht. Im Jubiläumsjahr 1959 bezog sie Räume in der Münchner Residenz.

Die Reichsgründung von 1871 leitete für die bayerische wie auch die anderen Wissenschaftsakademien eine lange Blütezeit ein, die sich, unterbrochen lediglich durch den Ersten Weltkrieg, auch in der Zeit der Weimarer Republik fortsetzte. In den ersten Jahren nach 1933 blieben die Akademie und ihre Kommissionen, ähnlich wie andere wissenschaftliche Einrichtungen, im Gegensatz aber zu den Hochschulen, von nationalsozialistischer Einflussnahme noch weitgehend unbehelligt.

Zu Beginn des Jahres 1936 allerdings griff das NS-Regime in die Selbstverwaltung der Akademie ein. Die freie Wahl des Präsidenten sowie der Kommissions- und Klassensekretäre durch die Mitglieder wurde außer Kraft gesetzt und fortan der Akademiepräsident vom Reichswissenschaftsminister ernannt, was erstmals im März 1936 mit dem Historiker und NS-Parteigänger Karl Alexander von Müller geschah. Dieser setzte die Maßnahmen des Regimes und die Anordnungen des Reichswissenschaftsministeriums willfährig um. So wurden ab dem Jahr 1939 die „nicht-arischen“ Mitglieder und Mitarbeiter, wie etwa Lucian Schermann, Alfred Pringsheim oder Richard Willstätter, aus der Akademie ausgeschlossen, „jüdisch-versippte“ Mitglieder zum freiwilligen Ausscheiden gedrängt oder aber „nicht-arische“ korrespondierende Mitglieder, die im Ausland lebten, kurzerhand aus den Mitgliederlisten gestrichen. Im Gegenzug nahm man regimetreue neue Mitglieder wie etwa die beiden „Führer-Rektoren“ Walther Wüst (Universität München) oder Lutz Pistor (Technische Hochschule München) als ordentliche Mitglieder auf.

Nach Kriegsende verhängte die amerikanische Militärregierung ein Arbeitsverbot über die Akademie und ihre Kommissionen. Im Januar 1946 wurde der politisch unbelastete Physiker Walther Meissner zum kommissarischen Präsidenten der Akademie ernannt, und erst Ende Juli 1946 durfte die Akademie ihre wissenschaftliche Tätigkeit wieder aufnehmen. Nach und nach wurden alle noch lebenden, nach 1933 ausgeschlossenen Mitglieder rehabilitiert, neue Satzungen erarbeitet und die alten Rechte der Akademie größtenteils wiederhergestellt.

Quellen

Helle Köpfe. Die Geschichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1759-2009. Ausstellung des Bayerischen Hauptstaatarchivs, Regensburg 2009.
Störmer, Monika: Bayerische Akademie der Wissenschaften, in: Scriba, Christoph J. (Hg.): Die Elite der Nation im Dritten Reich. Das Verhältnis von Akademien und ihrem wissenschaftlichen Umfeld zum Nationalsozialismus, Halle/Saale 1995, S. 89-111.

Empfohlene Zitierweise

Elisabeth Kraus: Bayerische Akademie der Wissenschaften (publiziert am 11.01.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/bayerische-akademie-der-wissenschaften-69