Alice Bendix (13.11.1894 Landsberg / Warthe – 1943 KZ Auschwitz)

Biographies
Verfasst von Ilse Macek

Wohlfahrtspflegerin in Berlin und München, Leiterin des jüdischen Kinderheims Antonienstraße

Alice Bendix (1894-1943) | Stadtarchiv München

Alice Bendix war eines von vier Kindern des aus Baden-Baden stammenden Fabrikanten George Bendix und der Gertrud Kanter. Ihre Ausbildung zur Wohlfahrtspflegerin und Kindergärtnerin befähigte sie, bereits mit 28 Jahren die Leitung des westlich von Berlin gelegenen „Landjugendheims Finkenkrug“ im für das gesamte Hortwesen vorbildhaften Berliner Verein „Jugendheim“ zu übernehmen. Dort wurden auch sogenannte Kinderheimpflegerinnen ausgebildet. Alice Bendix arbeitete eng mit der Gründerin des Landjugendheims, Anna von Gierke, zusammen. Das „Landjugendheim Finkenkrug“ sollte in der Verfolgungszeit Zufluchtsort für bedrohte jüdische Kinder werden; mindestens 15 Kinder wurden dort versteckt und einige durch Vermittlung unter anderem der Nachfolgerin von Alice Bendix, Isa Gruner, ins Ausland gebracht.

Alice Bendix übernahm vorübergehend von September 1933 bis Februar 1934 und, nach einem einjährigen Aufenthalt in Berlin, fest ab Februar 1935 die Leitung des „Kinderheims der Israelitischen Jugendhilfe e.V.“ mit Krippe und Hort in der Schwabinger Antonienstraße 7, welches auch 40 Kindergartenkinder und Haushaltsschülerinnen betreute. Ab Herbst 1941 begannen die Deportationen der Münchner Jüdinnen*Juden, auch die von Heimkindern und deren Betreuerinnen. Trotz der drohenden Gefahr wies Alice Bendix aus Verantwortungsgefühl gegenüber den Kindern in ihrer Obhut die Möglichkeit, ihrem geflüchteten Bruder Paul in die Schweiz zu folgen, zurück. Nach der Auflösung des Antonienheims im April 1942 wurde sie mit 13 Kindern zunächst in das Barackenlager Milbertshofen, dann in das Internierungslager Berg am Laim eingewiesen. Das Antonienheim ging in den Besitz der NS-Organisation „Lebensborn“ über. Am 13.3.1943 wurde Alice Bendix gemeinsam mit der Betreuerin Hedwig Henriette Jacobi und den noch verbliebenen sieben Kindern nach Auschwitz deportiert. Dort verlud man die ganze Gruppe – nach der Zeugenaussage einer Münchner Auschwitz-Überlebenden – unmittelbar nach der Ankunft auf Lastwagen und brachte sie in die Gaskammer in Birkenau, wo sie getötet wurden.

Alice Bendix' verwitwete Schwester Edith Caspary wurde mit ihrem Sohn Heinz Joseph von Berlin aus ebenfalls nach Auschwitz deportiert und dort ermordet; ihr Bruder Ferdinand August konnte sich, ebenso wie ihr Bruder Paul, durch Flucht ins Ausland retten. Heute erinnert in der Antonienstraße eine Stele an die Kinder des Antonienheims; das gegenüberliegende Schulzentrum wurde 2004 in „Berufliches Schulzentrum Alice Bendix“ umbenannt.


Quellen

Stadtarchiv München, Datenbank zum biographischen Gedenkbuch der Münchner Juden 1933-1945.
Grube, Werner/Macek, Ilse: Das Kinderheim der Israelitischen Jugendhilfe e.V. in der Antonienstraße 7, in: Ilse Macek (Hg.): ausgegrenzt – entrechtet – deportiert. Schwabing und Schwabinger Schicksale 1933 bis 1945, München 2008, S. 87-104.

Empfohlene Zitierweise

Ilse Macek: Bendix, Alice (publiziert am 27.10.2023), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/bendix-alice-87