Buchgewerbehaus M. Müller & Sohn KG

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Verfasst von Elisabeth Kraus

Druckereigebäude für Zeitungen und Bücher des NSDAP-Verlags Franz Eher Nachf.; ab August 1923 auch Hauptquartier der SA

Das ‚Münchner Buchgewerbehaus‘ in der Schellingstrasse 39-41 war Sitz einiger Verlage und Druckereien, wie etwa, in den Jahren von 1919 bis 1921, der ‚Verlagsgenossenschaft Der Kampf‘ des Deutsch-Balten Alfred Rosenberg (1893-1946). Der fanatische Antisemit und Agitator gegen Marxismus, Demokratie und Liberalismus diffamierte die Weimarer Republik von Beginn an als ‚Judenrepublik‘, gründete 1927/28 den ‚Kampfbund für deutsche Kultur‘ und entwickelte in seinem Buch Der Mythus des 20. Jahrhunderts (1930) seine Rassendoktrin. Mit-Besitzer des Buchgewerbehauses war der Kaufmann Adolf Müller (1884-1945), dessen Vater Michael Müller 1891 dort einen Modeverlag gegründet hatte.

Ende des Jahres 1920 trat Adolf Müller mit der Franz Eher Nachfolger GmbH in Verbindung und wurde von Dietrich Eckart mit Hitler bekanntgemacht. Eckart hatte kurz zuvor den Völkischen Beobachter, das „Kampfblatt der nationalsozialistischen Bewegung Großdeutschlands“, für die NSDAP erworben und war von August 1921 bis März 1923 dessen Redaktionsleiter. Seit 1920 wurde im Buchgewerbehaus der Völkische Beobachter gedruckt, seine Redaktion arbeitete dort seit 1922. Ebenfalls dort ließ Müller von 1925 bis 1945 Hitlers Buch Mein Kampf in über 11 Millionen Exemplaren drucken.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde Müller alleiniger Geschäftsführer des für die NSDAP arbeitenden Druckereikonzerns. Im Mai 1934 trat er in die Partei ein. Zu Kriegsbeginn 1939 galt Müllers Betrieb als der modernste Druckerei- und Verlagsbetrieb Deutschlands und beschäftigte mehr als 1400 Arbeiter, Angestellte und Redakteure. Täglich wurden allein 1,7 Millionen Ausgaben des Völkischen Beobachter gedruckt. Am 10.3.1943 wurde ein großer Teil des Betriebes bei einem alliierten Luftangriff zerstört. Die letzte Nummer des Völkischen Beaobachter erschien in der süddeutschen Ausgabe am 30.4.1945, wurde jedoch wegen des Vormarsches amerikanischer Truppen nicht mehr ausgeliefert.

Nach dem Einmarsch der amerikanischen Truppen in München Ende April 1945 wurde Müller verhaftet. Am Morgen des 23.5.1945 fand man ihn erhängt in seiner Zelle in Stadelheim. Seit dem 18.5.1945 wurde im Münchner Buchgewerbehaus wöchentlich das Nachrichtenblatt der US-Armee für die bayerische Bevölkerung gedruckt. Ab 1966 befand sich in diesem Gebäude die süddeutsche Redaktion der BILD-Zeitung; ab April 1968 erschien hier die Münchner Ausgabe. Auch andere Erzeugnisse des Axel Springer-Verlags wurden dort gedruckt. Heute ist es ein unscheinbares Büro- und Geschäftshaus.

Quellen

Hoser, Paul: Die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Hintergründe der Münchner Tagespresse zwischen 1914 und 1934: Methoden der Pressebeeinflussung, Frankfurt am Main 1988.
Weyerer, Benedikt: Buchgewerbehaus M. Müller und Sohn KG, in: Nerdinger, Winfried (Hg.): Ort und Erinnerung. Nationalsozialismus in München, München 2006, S. 31.
Weyerer, Benedikt: München 1919-1933. Stadtrundgänge zur politischen Geschichte, München 1993, S. 172f.




Empfohlene Zitierweise

Elisabeth Kraus: Buchgewerbehaus (publiziert am 09.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/buchgewerbehaus-113