Kurt Christmann (1.6.1907 München – 4.4.1987 München)

Biographies
Verfasst von Dieter Pohl

Gestapo- und Sonderkommandoführer

Kurt Christmann (ganz links) mit dem Sonderkommando 10a nach einem ‚Partisaneneinsatz’, Kubangebiet, Herbst/Winter 1942 | Staatsarchiv München, Staatsanwaltschaften 35208-75

Christmann war Sohn eines Verwaltungsinspektors und kam bereits als Schüler mit der rechtsextremen Szene in München in Kontakt. Er studierte Jura (Promotion 1934), trat 1933 der NSDAP und SS bei (1942 zum SS-Obersturmbannführer befördert). Ab 1934 arbeitete er hauptamtlich für den Sicherheitsdienst der SS (SD), dann für die Gestapo. Nach dem Anschluss Österreichs kam Christmann zur Gestapo nach Wien und Innsbruck, im Juni 1940 übernahm er die Leitung der Staatspolizeistelle Salzburg. Ende Juli 1942 wechselte er zu den Einsatzgruppen in der besetzten Sowjetunion, als Leiter des Sonderkommandos 10a im nördlichen Kaukasusgebiet. Im Raum Krasnodar-Jejsk leitete Christmann zahlreiche Massenmorde, sowohl durch Erschießungen, so etwa den Mord an 2000 Juden*Jüdinnen in Krasnodar, als auch mittels so genannter ‚Gaswagen‘. Nach dem Rückzug aus dem Kaukasus setzte das Kommando seine Mordaktionen im Süden Weißrusslands im Raum Mosyr fort. Im August 1943 kehrte Christmann nach Österreich zurück und übernahm die Leitung der Staatspolizeistelle in Klagenfurt.

Christmann wurde 1945 von US-Truppen in Saalfelden festgenommen und im Lager Glasenbach interniert. 1946 gelang ihm die Flucht, 1948 floh er schließlich nach Argentinien. 1956 kehrte er nach Deutschland zurück und arbeitete als Immobilienmakler in München. Gegen Christmann wurde seit den 1960er-Jahren strafrechtlich ermittelt, das Verfahren 1970 jedoch wegen angeblicher Verhandlungsunfähigkeit eingestellt. 1979 wurde Christmann dennoch festgenommen und 1980 vom Landgericht München I zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Quellen

Angrick, Andrej: Besatzungspolitik und Massenmord. Die Einsatzgruppe D in der südlichen Sowjetunion 1941-1943, Hamburg 2003.
Justiz und NS-Verbrechen, Bd. XLIV, Amsterdam 2012, Nr. 864, S. 245-308.
Strittmatter, Wolf-Ulrich: Sportskanone, Massenmörder, Immobilienmakler: Kurt Christmann, in: Proske, Wolfgang (Hg.): NS-Belastete aus München, Gerstetten 2023, S. 68-91.

Empfohlene Zitierweise

Dieter Pohl: Christmann, Kurt (publiziert am 19.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/christmann-kurt-129