Heinrich Claß (28.2.1868 Alzey / Worms – 16.4.1953 Jena)

Biographies
Verfasst von Sabine Schalm

Alldeutscher, radikaler Nationalist und Rassist, Ideengeber von Adolf Hitler; Pseudonyme: Daniel Frymann und Einhart

Heinrich Claß, Aufnahme vor 1933 | Müffling, Wilhelm von: Wegbereiter und Vorkämpfer für das neue Deutschland, München 1933, S. 17.

Heinrich Claß, Sohn eines Notars in Rheinhessen, wurde während des Jurastudiums in Berlin, Freiburg und Göttingen maßgeblich von den antisemitischen und nationalistischen Überzeugungen Heinrich von Treitschkes beeinflusst. Seit 1891 arbeitete er in Mainz zunächst als Rechtsreferendar, später als Anwalt und Notar. 1897 trat er dem Alldeutschen Verband (ADV) bei und übernahm 1908 dessen Vorsitz. Unter seiner Leitung (1908-1939) wurde der ADV auf ein völkisch-antisemitisches Programm mit aggressiven Expansionsforderungen ausgerichtet, und Claß wurde zu einem einflussreichen Multiplikator im Netzwerk rechtsnationaler Organisationen.

Unter dem Pseudonym Daniel Frymann veröffentlichte er 1912 sein politisches und weltanschauliches Denken in der Schrift Wenn ich der Kaiser wär. Kernelemente sind seine Vorstellungen von einer naturgegebenen und durch die Geschichte begründeten kulturellen Vormachtstellung des deutschen Volkes, die Ablehnung des Parlamentarismus und das Ziel einer Staatsstruktur auf Grundlage rassischer Kriterien.

1919 gab Claß den Anwaltsberuf auf und übersiedelte nach Berlin. Als Mitbegründer des Deutschvölkischen Schutz- und Trutz-Bundes (1919), Miteigentümer der auflagenstarken Deutschen Zeitung und Mitherausgeber der Zeitschrift Deutschlands Erneuerung betrieb er reichsweit antisemitische und antidemokratische Propaganda. Von 1920 bis 1923 pflegte Claß Kontakte mit Adolf Hitler, vermittelte Geldspenden und gilt als einer der Ideengeber der NS-Ideologie (z.B. „Volksgemeinschaft“).

Doch distanzierte sich Claß nach dem Hitlerputsch offiziell von Hitler und der NSDAP. Obwohl er auch 1929 bei der Kampagne gegen den Young-Plan und 1931 bei der Bildung der nationalistischen Harzburger Front in Erscheinung trat, war sein Einfluss in der rechtsextremen Szene Anfang der 1930er-Jahre bereits stark geschwunden. Von November 1933 bis 1945 hielt er einen Sitz im Reichstag als Gast der NSDAP-Fraktion. Seine Bemühungen, die Existenz des ADV zu sichern, scheiterten endgültig mit der erzwungenen Selbstauflösung des ADV 1939. Danach zog sich Claß aus der Öffentlichkeit zurück und lebte von 1943 bis 1953 mit seiner Tochter in Jena.

Flugschrift ‚Zum Deutschen Kriegsziel‘ von Heinrich Claß, 1917 | Privatbesitz

Quellen

Breuer, Stefan: Die Völkischen in Deutschland, Darmstadt 2010.
Leicht, Johannes: Heinrich Claß 1868-1953. Die politische Biographie eines Alldeutschen, Paderborn 2012.

Empfohlene Zitierweise

Sabine Schalm: Claß, Heinrich (publiziert am 10.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/class-heinrich-131