Der Stürmer (1923 – 1945)

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Verfasst von Paul Hoser

Antisemitisches Hetzblatt der Nationalsozialisten

‚Stürmerkasten‘ in der Nymphenburger Straße, 1937 | Stadtarchiv München, FS-Str-1088, Foto: LBK

Julius Streicher war Initiator und Vorsitzender der NSDAP in Nürnberg. Er gründete am 20.4.1923 die Wochenzeitung Der Stürmer, zuerst mit dem Untertitel Nürnberger Wochenblatt zum Kampf um die Wahrheit. Damit hatte er ein Instrument, um innerparteiliche Gegner anprangern und Feinde seiner Partei attackieren zu können. Prominentestes Angriffsziel war der demokratische Nürnberger Oberbürgermeister Hermann Luppe. Noch zentraler aber war für Streicher die Agitation gegen die Juden*Jüdinnen. Der Stürmer wurde in dem völkischen Verlag Wilhelm Härdel herausgebracht. 1935 gründete Streicher seinen eigenen Verlag (‚Verlag Der Stürmer‘).

Der Stürmer forderte zum Kampf gegen den Feind ‚Alljuda‘ und zur völkischen Geschlossenheit auf. Erfundene Geschichten über Vergewaltigungen, Ritualmorde an Kindern, Berichte über die „Verschwörung des internationalen Finanzjudentums" und das „jüdisch-bolschewistische Verschwörertum“ sowie über „Rassenschande“ und Denunziationen schürten beständig den Hass gegen die Juden*Jüdinnen als Weltfeind. Zur Zeit der Herrschaft des Nationalsozialismus forderte Streicher immer offener die physische Vernichtung der Juden*Jüdinnen.

Der Stürmer war im Stil einer Boulevardzeitung aufgemacht. Der Karikaturist Philipp Rupprecht (Pseudonym „Fips“) verbreitete mit seinen Zeichnungen Klischees von geldgierigen Juden*Jüdinnen mit gebogener Nase und krummen Beinen. Auch pornographische Darstellungen waren beliebt. Die Leser wurden regelmäßig zu denunzierenden Zuschriften ermuntert. Es wurde nicht nur allgemein das Judentum, sondern auch gezielt jüdische Einzelpersonen verleumdet.

Nach 1933 erschien die Zeitung in großen Auflagen. Den Höchststand erreichte sie 1936/37 mit 486.000 Exemplaren. In vielen Orten waren sie in sogenannten ‚Stürmer-Kästen‘ öffentlich ausgehängt. Die Deutsche Arbeitsfront verpflichtete die meisten Betriebe zum Bezug für die Belegschaft.

Seit den ausgehenden 1920er-Jahren war der Stürmer selbst innerhalb der NSDAP umstritten, da die Partei bemüht war, sich von ihrem Radau-Image zu lösen. Das Blatt war nie eine offizielle Parteizeitung. Einzelne Nummern wurden zwar sogar während der Zeit der NS-Herrschaft verboten, ein dauerhaftes Verbot wurde aber nicht verhängt. Die Protektion Hitlers, der ein begeisterter Leser des Stürmer war, sicherte dessen Existenz.

Quellen

Linsler, Carl-Eric: Stürmer-Karikaturen, in: Wolfgang Benz (Hg.): Handbuch des Antisemitismus. Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart, Bd. 7, Berlin 2015, S. 477–480.
Roos, Daniel: Julius Streicher und „Der Stürmer“ 1923-1945, Paderborn 2014.
Wager, Melanie: „Der Stürmer“ und seine Leser. Ein analoges antisemitisches Netzwerk. Zur Geschichte und Propagandawirkung eines nationalsozialistischen Massenmediums, Berlin 2023.

Empfohlene Zitierweise

Paul Hoser: Der Stürmer (Zeitung) (publiziert am 12.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/der-stuermer-zeitung-143