Feldherrnhalle

Places
Verfasst von Ulla-Britta Vollhardt

Baudenkmal in der Münchner Altstadt, nationalsozialistischer Kultort

Odeonsplatz mit Feldherrnhalle und Theatinerkirche, 1925 | StadtAM, HB-II-b-0231

Die Feldherrnhalle wurde 1841 bis 1844 im Auftrag des bayerischen Königs Ludwig I. zum Ruhm der bayerischen Armee und ihrer Feldherren erbaut. Vorbild des nach Plänen Friedrich von Gärtners errichteten Gebäudes war die Loggia dei Lanzi in Florenz. Seiner Widmung entsprechend diente das Bauwerk der militärischen und nationalbayerischen Traditionspflege.

Nach dem Ersten Weltkrieg und der Niederschlagung der Münchner Räterepubliken wurde die Feldherrnhalle zum Kundgebungsort der Konservativen und Rechten, die dort die Weltkriegstoten ehrten und gegen die Bestimmungen des Versailler Vertrags und die Rheinlandbesetzung demonstrierten. Ein Mahnmal an der Hallenwand erinnerte an die verlorenen deutschen Gebiete. 1923 war die Feldherrnhalle Schauplatz des gescheiterten ‚Hitler-Putschs‘: Am 9.11.1923 stoppte die bayerische Landespolizei dort die von Hitler und Ludendorff angeführten Umstürzler; vier Polizisten, 15 Putschisten und ein Unbeteiligter starben. Die als ‚Marsch auf die Feldherrnhalle“ stilisierte Niederlage wurde in der nationalsozialistischen Propaganda zum nationalen Opfergang verklärt, die Halle zum Kultort der NS-Bewegung erhoben.

Unmittelbar nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 wurde im östlichen Seitenbogen der Feldherrnhalle ein ‚Ehrenmal‘ für die ‚Blutzeugen der Bewegung‘ errichtet. Entworfen von Paul Ludwig Troost, trug es die Namen der 16 zu ‚Märtyrern‘ stilisierten Toten. Die vier erschossenen Polizisten erhielten eine Gedenktafel an der Ostseite der Halle. Seit 1933 zog Hitler mit den ‚Alten Kämpfern‘ und Formationen der Partei alljährlich am 9. November in einem ritualisierten Gedenkmarsch vom Bürgerbräukeller zur Feldherrnhalle und legte dort Kränze nieder. 1935 wurde der Novemberkult auf den Königsplatz ausgeweitet, wo die Särge der ‚Gefallenen der Bewegung‘ in eigens errichteten ‚Ehrentempeln‘ aufgebahrt waren. An der Feldherrnhalle inszenierte das Regime auch feierliche Rekrutenvereidigungen von Wehrmacht, SS und SA. Passanten waren unter Strafandrohung aufgefordert, dem von SS-Posten bewachten ‚Ehrenmal‘ mit dem ‚Hitler-Gruß‘ zu huldigen. Wer sich entziehen wollte, nutzte die Viscardigasse hinter der Halle als Durchgang. Im Volksmund hieß sie bald ‚Drückebergergassl‘.

Die Feldherrnhalle überstand den Krieg relativ unbeschadet, nur das Gewölbe und ein Teil der Rückwand waren zerstört worden. Am 3.6.1945, dem Tag der Fronleichnamsprozession, stürzten Münchner Bürger das NS-‚Ehrenmal‘ von seinem Sockel. Der ideologisch belastete Ort diente nach seiner Entnazifizierung in den ersten Nachkriegsjahren als Kulisse für antifaschistische Kundgebungen und Gedenkveranstaltungen ehemaliger Verfolgter des NS-Regimes. Die Halle blieb jedoch der bayerischen Armee gewidmet und diente seit Anfang der 1960er-Jahre wieder für militärische Zeremonielle; eine Sensibilität im Umgang mit dem Ort entwickelte sich erst Jahrzehnte später. Dessen Rolle im Nationalsozialismus geriet trotzdem nicht in Vergessenheit, obgleich jeglicher Hinweis auf die Geschichte des Orts bewusst unterblieb. Für die rechtsextreme Szene besitzt die Feldherrnhalle nach wie vor eine hohe Symbolkraft; seit Jahrzehnten finden dort aber auch Kundgebungen und Demonstrationen gegen Rechtsextremismus statt.

Allen Versuchen, die historische Rolle der Feldherrnhalle am Gebäude selbst zu thematisieren, erteilten staatliche Stellen aus Gründen des Denkmalschutzes stets eine Absage – so 1990, als die Münchner Künstler Rudolf Herz und Thomas Lehnerer dort ein Schild anbrachten, das emigrierte jüdische Münchner*innen zur Rückkehr aufrief. Das ohne Genehmigung befestigte Schild wurde nach wenigen Stunden von der Polizei entfernt. 1994 ließ dann die Stadt München eine Bodenplatte zum Gedenken an die vier während des ‚Hitler-Putschs‘ erschossenen Polizisten auf städtischem Grund vor der Feldherrnhalle verlegen. 2010 wurde sie durch eine Gedenktafel an der Residenzfassade ersetzt. Seit 1995 erinnert zudem die Bronzespur Argumente des Künstlers Bruno Wank in der Viscardigasse an deren Bedeutung in der NS-Zeit. Die 1990er-Jahre markieren einen Wandel im Umgang mit dem geschichtsträchtigen Ort; der ehemalige ‚Altar der Bewegung‘ wird seither für öffentliche Kulturveranstaltungen genutzt, für Truppengelöbnisse steht der Platz heute nicht mehr zur Verfügung.

Quellen

Kunz-Ott, Hannelore/Kluge, Andrea (Hg.): 150 Jahre Feldherrnhalle. Lebensraum einer Großstadt, München 1994.

Empfohlene Zitierweise

Ulla-Britta Vollhardt: Feldherrnhalle (publiziert am 13.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/feldherrnhalle-212