Firma Leonhard Moll

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Verfasst von Katja Klee

In München ansässige Baufirma

1894 gründete der erst 24-jährige Leonhard Moll sein eigenes Baugeschäft in der Münchner Schönstraße. Der gelernte Maurer hatte schon während seiner Tätigkeit im Münchner Stadtbauamt eine ganze Reihe von technischen Innovationen zur Mechanisierung der Arbeitsprozesse auf dem Bau entwickelt, die er in den folgenden Jahren mit seiner Firma bei zahlreichen städtischen und staatlichen Aufträgen im Hoch- und Tiefbau erfolgreich umsetzen konnte. Mit zum Teil selbst konstruierten Maschinen leistete Leonhard Moll Pionierarbeit beim Bau von Wohnungen, Industrieanlagen, Straßen und Schifffahrtswegen und führte darüber hinaus bauliche Renommierprojekte in München durch, darunter den Lichthof der Ludwig-Maximilians-Universität, das Schwabinger Krankenhaus oder das Hauptzollamt an der Donnersberger Brücke sowie die Erbauung der unterirdischen Trinkwasserbehälter für die Stadt München. In den 1920er-Jahren errichtete die Firma in der Hansastraße einen modernen Bauhof mit Gleisanschluss an die Bahnstation München-Laim mit zahlreichen Nebenbetrieben, Lagerhallen, Werkstätten, einem Sägewerk sowie einem Beton- und einem Kieswerk.

In der NS-Zeit profitierte die Firma Leonhard Moll enorm von den staatlich geförderten Baumaßnahmen wie der Reichsautobahn, dem Haus der Deutschen Kunst, dem Flughafen München-Riem oder der Errichtung bzw. Neugestaltung des Münchner Parteizentrums im Umfeld des Königsplatzes. Sie wurde im Juni 1938 mit dem von Hitler angeordneten Abbruch der Münchner Hauptsynagoge an der Maxburgstraße beauftragt. Die Firma war auch am Bau militärischer Anlagen wie dem Westwall beteiligt und errichtete 1942 an der Hansastraße ein Kriegsgefangenen- und ein Zwangsarbeitslager, in denen mehr als 1000 Menschen untergebracht waren. Auch die nach der Zerstörung der Münchner Trambahn 1944 eingesetzte ‚Bockerlbahn‘ aus Bauloks mit umgebauten Kipploren stammte von der Firma Moll.

Ein besonders düsteres Kapitel der Firmengeschichte ist das ‚Moll-Kommando‘ aus KZ-Häftlingen, das ab 1944 beim Bau der Bunkeranlagen für die unterirdische Flugzeugproduktion der Firma Messerschmitt in der Nähe von Landsberg nach dem Prinzip der ‚Vernichtung durch Arbeit‘ eingesetzt war. 700 bis 800 Häftlinge arbeiteten zunächst in zwei Schichten zu jeweils zwölf Stunden und ab Ende 1944 in drei Schichten zu jeweils acht Stunden täglich; fast die Hälfte der eingesetzten Arbeiter kam durch Arbeitsunfälle, Mangelernährung und Gewalttaten zu Tode.

Nach Kriegsende wurde die Firma von der Militärregierung unter treuhänderische Verwaltung gestellt, Leonhard Moll starb kurz darauf. Anfang 1949 erhielten dessen Nachkommen die Lizenz zur Fortführung der Firma. Mit großen und prestigeträchtigen Bauprojekten in München wie dem Olympiastadion oder der Neuen Pinakothek knüpften sie an den früheren wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens an.

Hatten die Firmeninhaber jahrzehntelang Entschädigungsleistungen an Überlebende abgelehnt, beteiligten sie sich im Jahr 2000 an der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“. Vor dem Hintergrund der erst zu diesem Zeitpunkt bekannt gewordenen Rolle der Firma in der NS-Zeit beschloss der Münchner Stadtrat am 9.12.2014 die Umbenennung des erst 1990 so benannten Leonhard-Moll-Bogens in Sendling in Landaubogen.

Quellen

Leonhard Moll KG: 75 Jahre Leonhard Moll: 1894-1969. Bearb. von Hans Wiese, München 1969.
Nerdinger, Winfried (Hg.): Ort und Erinnerung. Nationalsozialismus in München, Salzburg u.a. 2006.
Posset, Anton: Das Moll-Kommando: Ein Synonym für Tod und Vernichtung, in: Landsberg im 20. Jahrhundert, S. 25-27; URL: http://www.buergervereinigung-landsberg.de/ruestung/Mollkommando.pdf (zuletzt aufgerufen am 6.12.2023).

Empfohlene Zitierweise

Katja Klee: Firma Leonhard Moll (publiziert am 13.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/firma-leonhard-moll-222