Forschungsabteilung Judenfrage

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Verfasst von Elisabeth Kraus

Rassenideologisch ausgerichtetes Forschungsinstitut

2. Jahrestagung der "Forschungsabteilung Judenfrage" im Großen Senatssaal der Universität. Am Pult: Wilhelm Grau, rechts: Karl Alexander von Müller, links: Walter Frank, 12.5.1937 | StadtAM, FS-NS-00256

Die „Forschungsabteilung Judenfrage“ war eine Ausgründung des 1935 von Reichserziehungsminister Bernhard Rust in Berlin errichteten und von Walter Frank geleiteten „Reichsinstituts für Geschichte des neuen Deutschlands“, das bei der Diskussion und Klärung der „Judenfrage“ im Sinne der rassenideologisch fundierten „Gegnerforschung“ des Nationalsozialismus für einen pseudowissenschaftlichen Anstrich stand.

Walter Frank eröffnete die „Forschungsabteilung Judenfrage“ am 19.11.1936 in einem feierlichen Akt unter Beteiligung hochrangiger Vertreter*innen von Staat, Partei und Wissenschaft an der Universität München. Hier nämlich stand zur Umsetzung von Plan und Programm auch das Personal für eine derartige Einrichtung zur Verfügung. Zum formellen Leiter bestimmte  Frank seinen Doktorvater Karl Alexander von Müller, zu ihrem Geschäftsführer Wilhelm Grau, ebenfalls ein Schüler von Müllers. Kurz zuvor hatte die Forschungsabteilung die zweite Etage im Gebäude Ludwigstraße 22b zwischen Ludwigskirche und Staatsbibliothek bezogen, womit neben der geistigen auch eine enge räumliche Nähe zur Universität gegeben war. Ihre Hauptaufgabe bestand in der Grundlagenforschung zur Geschichte des Judentums, aber auch in der Abfassung von Gutachten und Beiträgen zu aktuellen Fragen der NS-Rassenpolitik. Zudem sollte sie die größte Bibliothek zur „Judenfrage“ in Europa aufbauen.

Die Forschungsabteilung wurde nach Graus Wechsel an das konkurrierende, unter dem Einfluss Alfred Rosenbergs stehende „Institut zur Erforschung der Judenfrage“ in Frankfurt am Main umgebildet und verlegte ihren Sitz in die Von-der-Tann-Str. 7. Große Teile der insgesamt an die 25.000 Bände umfassenden „Judenbibliothek“ wurden im Oktober 1943 nach Passau ausgelagert. Heute befinden sich Exemplare mit Stempeln der Forschungsabteilung u.a. in diversen amerikanischen Bibliotheken und etwa 1.000 Bände in der Bibliothek des Historischen Seminars der Universität München.

Quellen

Papen, Patricia von: „Scholarly“ Antisemitism during the Third Reich. The Reichsinstitut’s research on the „Jewish question“ 1935-1945, Diss. Columbia Univ. 1999.
Papen-Bodek, Patricia von: Die Bibliothek der Forschungsabteilung Judenfrage in München 1936-1945, in: 3. Rundbrief des Freundeskreises des Lehrstuhls für Jüdische Geschichte und Kultur e.V. an der Ludwig-Maximilians-Universität München vom Oktober 2001, S. 10-16.

Empfohlene Zitierweise

Elisabeth Kraus: Forschungsabteilung Judenfrage (publiziert am 08.12.2023), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/forschungsabteilung-judenfrage-227