Eduard Hamm (16.10.1897 Passau – 23.9.1944 Berlin)

Biographies
Verfasst von Angela Hermann

Liberaler Politiker der Weimarer Republik und NS-Gegner

Eduard Hamm (1897-1944) | Bayerisches Hauptstaatsarchiv, NL Hamm 3, 109

Eduard Hamm stammte aus einer bürgerlich-liberalen Juristenfamilie. Nach dem Besuch des humanistischen Gymnasiums wurde er in die Studienstiftung Maximilianeum aufgenommen, studierte in München Jura und schloss mit dem besten Assessorexamen seines Jahrgangs in Bayern ab. In seiner Studienzeit wandte er sich liberalen Vereinigungen zu, trat der Verbindung Akademischer Gesangverein (AGV) München bei und schloss sich der jungliberalen Bewegung und dem Naumann-Kreis an, obwohl bayerischen Beamt*innen eine politische Betätigung zu dieser Zeit noch verboten war. Über verschiedene Verwaltungspositionen, zunächst als Rechtsrat der Stadt Lindau, dann im Bayerischen Innenministerium und seit 1916 im Kriegsernährungsamt gelangte er als Legationsrat ins Bayerische Außenministerium.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs gehörte er zu den Mitbegründern der Deutschen Demokratischen Partei in Bayern, für die er ab Mai 1919 das Staatsministerium für Handel, Industrie und Gewerbe sowie 1920 bis 1924 ein Reichstagsmandat übernahm. In den Konflikten zwischen Bayern und dem Reich um die bayerischen Einwohnerwehren und die Republikschutzgesetze nahm er eine unpopuläre vermittelnde Position ein und trug wesentlich zur Lösung dieser Konflikte bei. Für ihn war die Republik ‚Herzenssache‘, wie er am 12.7.1922 im Reichstag erklärte. Nach seinem Rücktritt als bayerischer Minister im Sommer 1922 wirkte er in der Regierung Cuno als Staatssekretär in der Reichskanzlei und kämpfte für eine entschiedene Verteidigung der Republik gegen rechts- und linksradikale Bestrebungen.

Von Dezember 1923, unmittelbar nach Ende der Inflationszeit, bis zum Januar 1925 war er Reichswirtschaftsminister. Anschließend wurde er zum Ersten Geschäftsführenden Präsidialmitglied des Deutschen Industrie- und Handelstages berufen und vertrat dort energisch dessen gemäßigten innen- und außenpolitischen Kurs. Als Wirtschaftsexperte setzte sich Hamm intensiv mit dem Wirtschaftsprogramm der NSDAP auseinander und kritisierte dieses u. a. in der Deutschen Wirtschaftszeitung 1932 als rückwärtsgewandt und populistisch.

Nach der NS-Machtübernahme lehnte er es ab, der NSDAP beizutreten und trat im Mai 1933 von seinem Amt zurück. Fortan arbeitete er als Rechtsanwalt in München. Im regimekritischen Kreis um den ehemaligen Stabsoffizier und Gesandten in Berlin Franz Sperr pflegte er Kontakte zu gleichgesinnten Personen in der bayerischen Wirtschaft und Verwaltung sowie zu Akteuren des bürgerlich-adeligen Widerstands im Reich, insbesondere zum ‚Kreisauer Kreis‘ und zu Carl Friedrich Goerdeler und besprach mit ihnen Sofortmaßnahmen sowie Verfassungs-, Wirtschafts- und Personalfragen für den erhofften Zusammenbruch des NS-Regimes. Nach der Verhaftung von Sperr und Goerdeler in der Folge des Attentats vom 20.7.1944 geriet auch Hamm ins Visier der Gestapo. Am 2.9.1944 wurde er auf seinem Hof in Reit im Winkl festgenommen. In Gestapo-Untersuchungshaft im Zellengefängnis Lehrterstraße in Berlin kam Eduard Hamm auf ungeklärte Weise zu Tode.

Quellen

Beßner, Christine / Beßner, Wolfgang (Hg.): Dr. h.c. Eduard Hamm, 16.10.1879-23.09.1944, Hamburg 2014.
Hardtwig, Wolfgang: Freiheitliches Bürgertum in Deutschland. Der Weimarer Demokrat Eduard Hamm zwischen Kaiserreich und Widerstand, Stuttgart 2018.
Hardtwig, Wolfgang: Der Weimarer Demokrat Eduard Hamm 1879-1944. Persönliches Profil und politisches Handeln zwischen Kaiserreich und Widerstand, in: ders.: Deutsche Geschichtskultur im 19. und 20. Jahrhundert, München 2013, S. 313-355.
Lilla, Joachim: Hamm, Eduard, in: ders.: Staatsminister, leitende Verwaltungsbeamte und (NS-)Funktionsträger in Bayern 1918 bis 1945, München 2012. URL: <http://verwaltungshandbuch.bayerische-landesbibliothek-online.de/hamm-eduard> (zuletzt aufgerufen am 13.9.2023).
Limbach, Manuel: Eduard Hamm. Ein liberaler Repräsentant der Weimarer Republik im Widerstand gegen den Nationalsozialismus (unveröffentlichte Magisterarbeit der Universität Bonn), 2010.

Empfohlene Zitierweise

Angela Hermann: Hamm, Eduard (publiziert am 18.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/hamm-eduard-305