Thomas Theodor Heine (28.2.1867 Leipzig - 26.1.1948 Stockholm)

Biographies
Verfasst von Edith Raim

Karikaturist

Thomas Theodor Heine, undatiert | BSB, hoff-1548

Der unter dem Kürzel Th. Th. Heine bekannt gewordene Karikaturist der satirischen Wochenzeitschrift Simplicissimus, Sohn des Gummiwarenfabrikanten Isaak Heine, erhielt nach seiner Geburt die Vornamen David Theodor. Heine genoss eine großbürgerliche Erziehung. Seine Schulkarriere an der Thomasschule in Leipzig wurde allerdings jäh beendet, als bekannt wurde, dass er im März 1884 anonym Karikaturen in den von Leopold von Sacher-Masoch herausgegebenen Leipziger Pikanten Blättern veröffentlicht hatte, obwohl Schülern jegliche publizistische Tätigkeit untersagt war.

Heine wurde anschließend an den Kunstakademien München und Düsseldorf ausgebildet, arbeitete als Landschaftsmaler und ab 1892 als Zeichner und Karikaturist für die Fliegenden Blätter. Zusammen mit dem Verleger Albert Langen konzipierte er 1896 eine neue Wochenzeitung, den Simplicissimus. Dessen markantes Erkennungszeichen, die rote Bulldogge, wurde ebenso von Heine geschaffen wie hunderte Karikaturen. Heine war außerordentlich produktiv: neben der steten Belieferung des Simplicissimus mit wöchentlichen Karikaturen zu Politik, Gesellschaft und Kultur schuf er auch weitere Werke für die Fliegenden Blätter und arbeitete mit Plakaten und Annoncen für die damals noch neue Werbewelt.

Nachdem Heine in einer Karikatur die Palästinareise von Kaiser Wilhelm II verulkt hatte, wurde er 1898 wegen Majestätsbeleidigung zu einer mehrmonatigen Haftstrafe verurteilt, die er auf der Festung Königstein in Sachsen verbüßte. Frank Wedekind, der an der Majestätsbeleidigung mit einem satirischen Gedicht beteiligt war, floh zunächst, saß aber dann ebenfalls die Strafe in Königstein ab.

Heine lebte mit seiner Frau und seiner Tochter Johanna seit 1917 in Dießen am Ammersee. Sein großes Anwesen weckte schon bald nach Beginn der NS-Herrschaft die Gier der lokalen Nazis, die nicht eher Ruhe gaben, bis es Frau und Tochter nach Heines Emigration verkauften. Beide Frauen starben noch während der NS-Zeit in München.
Wegen seiner jüdischen Herkunft, aber natürlich auch wegen seiner Karikaturen zu Hitler und der NS-Bewegung drohte Heine bereits im Frühjahr 1933 große Gefahr. Er verbarg sich in seiner Wohnung in München, weil er fürchtete, in Dießen verhaftet zu werden.

Enttäuscht zeigte Heine sich vom Verhalten seiner Kollegen in der Redaktion des Simplicissimus, die sich willfährig auf die Seite der Nationalsozialisten schlugen und Heine und den Chefredakteur Franz Schoenberner bereitwillig aufgaben, um das Überleben der Zeitschrift zu sichern. Heine floh vor dem Zugriff der Gestapo nach Berlin und versteckte sich bei dem Malerehepaar Hans und Mathilde Purrmann, die ihm einen Reisepass eines Verstorbenen verschafften und auf diese Weise die Ausreise nach Prag ermöglichten.

Heine lebte seit 1936 in Brünn, nach der Besetzung des Sudetenlandes 1938 reiste er nach Norwegen aus, wo er für das Osloer Dagbladet Karikaturen und Zeichnungen anfertigte. Als Norwegen im April 1940 unter deutsche Besatzung geriet, wurde Heine die Berufsausübung verboten. Er wandte sich nun der Schriftstellerei zu und verfasste einen autobiografisch gefärbten satirischen Roman namens Ich warte auf Wunder, der 1944 auf schwedisch, 1945 auf deutsch erschien. 1942 floh er nach Stockholm und nahm die schwedische Staatsbürgerschaft an. Seinen 80. Geburtstag feierte das dortige Nationalmuseum 1947 mit einer großen Retrospektive. In der Bundesrepublik dauerte es nach dem Zweiten Weltkrieg lange, bis Heine als Maler, Zeichner, Grafiker und Schriftsteller wiederentdeckt wurde.

Quellen

Ahlers-Hestermann, Friedrich: Heine, Thomas Theodor. In: Neue Deutsche Biographie, Bd. 8, 1969, S. 295-296.
Raff, Thomas/Peschken-Eilsberger, Monika: Thomas Theodor Heine, Bd. 1: Der Biss des Simplicissimus. Das künstlerische Werk; Bd. 2: Der Herr der roten Bulldogge. Biographie, Leipzig 2000.
Raff, Thomas (Hg.): Die Wahrheit ist oft unwahrscheinlich. Thomas Theodor Heines Briefe an Franz Schoenberner aus dem Exil, Göttingen 2004.
Raim, Edith: The Persecution of the Heine family in Germany 1933-1939, in: Leo Baeck Institute Yearbook, 40, 1995, S. 211-224.

Empfohlene Zitierweise

Edith Raim: Heine, Thomas Theodor (publiziert am 18.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/heine-thomas-theodor-325