Hofgartenarkaden

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Verfasst von Elisabeth Kraus

Barocke Parkanlage in der Münchner Altstadt; Schauplatz der NS-Ausstellung ‚Entartete Kunst‘

Herzog Albrecht von Bayern ließ ab 1560 im Norden der Münchner Residenz einen Garten anlegen, der unter Kurfürst Maximilian I. ab 1613 erweitert wurde und von Arcadengängen eingesäumt ist. Über den nördlichen Arkadenreihen wurde unter Kurfürst Karl Theodor in den Jahren 1780/81 die öffentlich zugängliche ‚Hofgartengalerie‘ errichtet, in der bis zur Eröffnung der Alten Pinakothek durch Ludwig I. im Jahr 1836 die Gemäldesammlung des bayerischen Herrscherhauses ausgestellt wurde.

Im Galeriegebäude am nördlichen Hofgarten wurde von 19. Juli bis November 1937 die Ausstellung ‚Entartete Kunst‘ mit rund 700 Gemälden, Plastiken, aber auch Fotografien und Büchern von 120 Künstlern - in wenigen schmalen Räumen - gezeigt. Damit wollte das NS-Regime alle Spielarten der künstlerischen Moderne und viele ihrer berühmtesten Vertreter wie etwa Max Beckmann, Lovis Corinth, Otto Dix, Max Ernst, Lyonel Feininger, Wassily Kandinsky, Ernst Ludwig Kirchner, Paul Klee, Oskar Kokoschka oder Franz Marc massiv diffamieren. Die gleiche Absicht wurde auch bei Künstlern, die Stilrichtungen wie dem Bauhaus, der Abstraktion oder der Neuen Sachlichkeit zuzuordnen waren, verfolgt. Die Bilder waren absichtlich extrem dicht, in halbdunklen Räumen, teilweise schief und ohne jede Struktur gehängt, um die Künstler lächerlich zu machen und beim Betrachter ein Gefühl von Unübersichtlichkeit und verstörende Missempfindungen hervorzurufen. Diese sollten – im Sinne der propagandistischen Ausstellungsregie – noch durch aggressive antisemitische und antibolschewistische Wandbeschriftungen verstärkt werden.

Die Ausstellung bildete das Gegenstück zu der nur einen Tag zuvor, am 18.7.1937, mit einem pompösen Staatsakt im benachbarten, neu erbauten ‚Haus der Deutschen Kunst‘ eröffneten ersten ‚Großen Deutschen Kunstausstellung‘. Das Haus diente der Propagierung des parteioffiziellen Kunstverständnisses. Akt- und Genrebilder, Stillleben, Landschaften, mythologische Szenen sowie Bilder des ‚neuen, artreinen Menschen‘ wurden dabei als der höchste Ausdruck einer deutschen Kunst deklariert.

Maßgeblich beteiligt an dieser Hetz-Ausstellung ‚Entartete Kunst‘ war der Maler und Professor an der Münchner Akademie Adolf Ziegler. Als Präsident der Reichskammer der Bildenden Künste war er verantwortlich für die Beschlagnahmung von als ‚entartet‘ bezeichneten, insgesamt ca. 21.000 Bildern, Skulpturen, Zeichnungen und Druckgrafiken in mehr als 100 Museen, was eine „systematische und flächendeckende Liquidierung der Moderne“ (Zuschlag, S. 43) bedeutete. Die in den Münchner Hofgartenarkaden 1937 erstmals gezeigte Ausstellung ‚Entartete Kunst‘ wurde vom Propagandaministerium in den Folgejahren als Wanderausstellung mit jeweils verändertem Profil und anderen angeprangerten Werken in Berlin, Leipzig, Düsseldorf, Salzburg und Hamburg gezeigt. Im November 1941 wurden die Exponate an das Propagandaministerium zurückgegeben.

Quellen

Haerendel, Ulrike/Nerdinger, Winfried: Nördliche Hofgartenarkaden, in: Nerdinger, Winfried (Hg.): Ort und Erinnerung. Nationalsozialismus in München, München 2006, S. 199.
Weyerer, Benedikt: München 1933-1949. Stadtrundgänge zur politischen Geschichte, München 2. Aufl. 2006, S. 124f.
Zuschlag, Christoph: 75 Jahre Ausstellung „Entartete Kunst“, in: Wemhoff, Matthias (Hrsg.): Der Berliner Skulpturenfund: „Entartete Kunst“ im Bombenschutt. Entdeckung – Deutung – Perspektive. Begleitband zur Ausstellung mit den Beiträgen des Berliner Symposiums 15. – 16. März 2012, Regensburg 2012, S. 37-51.

Empfohlene Zitierweise

Elisabeth Kraus: Hofgartenarkaden (publiziert am 13.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/hofgartenarkaden-359