Ursachen
Die Wurzeln der Inflation lagen im Ersten Weltkrieg. Zum einen wurden die immensen Rüstungsausgaben zum großen Teil durch Kredite (Kriegsanleihen) und eine starke Ausweitung der Geldmenge (Schatzanweisungen) finanziert. Zum anderen führte die Umstellung auf Rüstungsproduktion zu einer Verknappung von Gebrauchsgütern und zu Preissteigerungen. Zu Beginn des Jahres 1919 war die deutsche Staatsschuld gegenüber vor dem Krieg von fünf auf 144 Milliarden Reichsmark angewachsen; der Wert der Mark gegenüber dem Dollar hatte sich halbiert. Der Verfall des Geldwertes war ein Problem fast aller am Weltkrieg beteiligten Staaten; in Deutschland nahm er allerdings in den beginnenden 1920er-Jahren besonders drastische Formen an. Infolge der Kriegsniederlage erfüllten sich die deutschen Hoffnungen nicht, die enormen Staatsschulden wie nach dem Krieg 1870/71 durch Reparationen abgelten zu können - im Gegenteil wurde das Deutsche Reich seinerseits im Versailler Vertrag zu solchen Zahlungen an die Siegerstaaten verpflichtet. Zudem hatte Deutschland mit dem wirtschaftlichen Zusammenbruch zu Kriegsende und der von den Kriegsgegnern erzwungenen Abtretung wichtiger Industrieregionen zu kämpfen.
In dieser Situation ergriff die Reichsregierung keine Maßnahmen, den Verfall des Geldwertes nachhaltig zu bremsen. Zur Bewältigung der Umstellung von der Kriegs- auf die Friedenswirtschaft, der Wiedereingliederung der Soldaten in die heimische Wirtschaft und der Versorgung der Kriegsversehrten und Hinterbliebenen schienen ihr im Gegenteil weitere massive Ausgaben erforderlich, um soziale Verwerfungen zu vermeiden. Da es an entsprechenden Staatseinnahmen fehlte, konnten diese nur durch eine erneute Ankurbelung der Notenpresse gedeckt werden. Auf diese Weise ließen sich zunächst auch die Reparationsforderungen einigermaßen abdecken. Dabei brachte die Inflation den Vorteil mit sich, dass sie eine Einschätzung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Reichs durch die ehemaligen Kriegsgegner erheblich erschwerte wie sie auch die in Form von Kriegsanleihen bestehende Staatsschuld minderte.
Verlauf
Diese Politik bescherte Deutschland bis Mitte des Jahres 1922 eine relativ stabile wirtschaftliche Konjunktur mit geringer Arbeitslosigkeit. Unternehmensinvestitionen lohnten sich allein schon deshalb, weil Kredite bei sinkendem Geldwert leicht wieder zurückgezahlt werden konnten. Der Export boomte angesichts der günstigen Preise deutscher Güter auf den internationalen Märkten. Da der Binnenwert der Reichsmark außerdem weniger stark sank als der Außenwert, floss nicht wenig ausländisches Kapital nach Deutschland. In dieser Phase wechselten sich Perioden mit geringerem und stärkerem Geldwertverfall ab. Auf längere Sicht verlor die Reichsmark gegenüber ausländischen Währungen jedoch immer mehr an Boden und auch die Preise im Innern stiegen immer weiter. Ende 1919 kostete ein Dollar 50 Mark, Anfang 1921 60, ein Jahr später 192 und im Juli 1922 420 Mark. In der zweiten Hälfte des Jahres 1922 begann sich die wirtschaftliche Lage dann zu verschlechtern, die Arbeitslosigkeit nahm zu und die Geldentwertung beschleunigte sich. Im November 1922 musste man für einen Dollar bereits 7000 Mark bezahlen.
Im Januar 1923 eskalierte die Lage in mehrerlei Hinsicht. Da Deutschland seine Reparationsschulden nicht mehr hatte begleichen können, besetzten französische und belgische Truppen das Ruhrgebiet. Dies fachte im Reich eine nationalistische Stimmung an, der auch die Reichsregierung folgte. Sie rief zum ‚passiven Widerstand‘ auf und linderte dessen Folgen für die dortige Bevölkerung durch staatliche Kompensationen. Infolgedessen geriet im Lauf des Jahres 1923 der Geldwert völlig außer Kontrolle, die Inflation steigerte sich zu einer ‚Hyperinflation‘. Im Juni dieses Jahres kostete der Dollar 100.000, im September 100 Millionen und im November 4,2 Billionen Mark. Auch die Lebenshaltungskosten schnellten nun rasant in die Höhe, im Juni hatten sie sich gegenüber dem Januar 1923 fast versiebenfacht. In den Folgemonaten wuchsen sie dann exponentiell und es verging kaum ein Tag ohne eine, wenn nicht gar mehrere Preiserhöhungen. Vernünftiges Wirtschaften wurde nun immer schwieriger, wenn nicht unmöglich, da erhaltenes Geld sofort wieder ausgegeben werden musste, wollte man dafür etwas erwerben, was dem aktuellen Gegenwert einigermaßen entsprach. Bezieher*innen von Zinseinkommen und anderen festen Einkünften verarmten, auch viele Arbeiterfamilien gerieten angesichts steigender Arbeitslosigkeit in Not. Die Kriminalität, insbesondere die Zahl der Eigentumsdelikte nahm stark zu; das Vertrauen in die politische Ordnung und die Weimarer Demokratie schwand. Im Gegenzug erhielten radikale politische Strömungen Auftrieb, die sich dann etwa in München im (gescheiterten) Hitler-Putsch manifestierten. Erst gegen Ende des Jahres 1923 beendete eine von der Reichsregierung seit September vorbereitete radikale Währungsreform mit der vorübergehenden Einführung einer durch Wirtschafts- und Grundvermögen abgesicherten ‚Rentenmark‘ die Inflationsperiode und leitete eine Phase der vorübergehenden politischen und wirtschaftlichen Stabilisierung der Weimarer Republik ein.
Folgen
Die längerfristigen Folgen der Inflationszeit waren jedoch nicht zu übersehen. Während Schuldner*innen einschließlich des Reichsfiskus' ihre Verbindlichkeiten los wurden und geschickte Geschäftsleute ihr Vermögen durch mit leicht rückzahlbaren Krediten finanzierte Investitionen steigern konnten, waren auf der anderen Seite die Existenzgrundlagen von Sparer*innen, Hypothekengläubiger*innen sowie Inhaber*innen öffentlicher Anleihen und damit von großen Teilen der Mittelschicht vernichtet oder zumindest stark geschmälert. Die Dramatik des Prozesses beschränkte sich allerdings nicht allein auf die Umschichtung des Volksvermögens und die damit verbundenen Umwälzungen sozialer Hierarchien. Besonders die gesellschaftliche Mittelschicht war von den wirtschaftlichen Unsicherheiten traumatisiert, zersplitterte in verschieden Interessengruppen und entwickelte teilweise einen Hang zu politischem Radikalismus. Ebenso war die Akzeptanz des bestehenden Wirtschaftssystems in Frage gestellt sowie das Vertrauen in das Geld als neutralem Wertmaßstab und in die Wirtschafts- und Finanzpolitik des Staates erschüttert.
Auf die Inflation folgte zwar in den Jahren 1924 bis 1928 eine Phase mit einer relativ günstigen Entwicklung der Wirtschaftskonjunktur. Diese war jedoch zu kurz und zu wenig nachhaltig, um in der 1929 beginnenden Weltwirtschaftskrise stabilisierende Wirkung zu entfalten.