Ludwig J. (1883 – ? KZ Flossenbürg)

Biographies
Verfasst von Annette Eberle

Als ‚Asozialer‘ verfolgt

1883 im Landkreis Eichstädt als Sohn von Tagelöhnern geboren, zog Ludwig J. (Pseudonym) bald nach München. Seine fünf Geschwister starben aufgrund der äußerst ärmlichen Verhältnisse alle bereits als Kleinkinder. In München heiratete Ludwig J. im Jahr 1916. Seine Frau und er bekamen vier Kinder. Bis Ende des Ersten Weltkrieges arbeitete er als Bäcker, dann als Hilfsarbeiter. Noch vor dem Krieg war Ludwig J. straffällig geworden. Mehrfach wurde er wegen Sittlichkeitsverbrechen, Raub und ‚Konkubinat¯ verurteilt. Nach einer Haftstrafe von mehreren Jahren Zuchthaus ließ sich seine Frau von ihm scheiden. Als er 1936 entlassen wurde, war er invalide und ohne jegliche Mittel. Seine Frau und er überlegten eine erneute Heirat. Dazu mussten sich beide amtsärztlich untersuchen lassen. Der zuständige Arzt Dr. Limmer verlangte eine kriminalbiologische Begutachtung und verweigerte dann die Eheerlaubnis.

In einer ärztlichen Unterredung in Eglfing-Haar schilderte Ludwig J. die Begegnung mit Dr. Limmer. Seine Frau sei daraufhin „jammernd und weinend zu ihm gekommen“. Sie habe ihm mitgeteilt, dass er sofort ausziehen müsse, sonst werde sie bestraft. Eine Heirat käme nicht in Frage, der Arzt auf dem Gesundheitsamt habe sie ausgeschimpft, wie sie dazu komme, einen solchen Mann zu heiraten, „der im Zuchthaus war“ (BAObb, EH, Patientenakten Nr. 1952).

Nach einem Streit mit seiner Frau, die sich von ihm zurückziehen wollte, schnitt sich Ludwig J. im Dezember 1936 die Kehle auf. Doch er wurde noch rechtzeitig von seinem Sohn gefunden. Er kam in die Psychiatrische Nervenklinik München und dann in die Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar. Am 17.2.1938 erfolgte dann die Anordnung des Polizeipräsidiums München, Ludwig J. ins KZ Dachau zu überstellen. Entscheidend war die Diagnose „asozialer Psychopath“. Zuvor war es ihm noch gelungen, ein Entlassungsgesuch an das Bayerische Innenministerium zu richten. Darin beschuldigte er seine Frau, ein Verhältnis mit einem Kriminalpolizisten zu unterhalten. Dies solle mit seiner Überstellung ins KZ vertuscht werden. Am 16.5.1938 wurde Ludwig J. vom KZ Dachau ins KZ Flossenbürg überstellt. Dort starb er. Sein Todesdatum und die Umstände seines Todes sind nicht bekannt.

Quellen

Archiv des Bezirks Oberbayern, Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar, Patientenakten Nr. 1952.

Empfohlene Zitierweise

Annette Eberle: J., Ludwig (publiziert am 09.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/j-ludwig-392