Hanns Johst (8.7.1890 Seerhausen – 23.11.1978 Ruhpolding)

Biographies
Verfasst von Elisabeth Tworek

Völkischer Dichter und Kulturfunktionär der NS-Zeit

Hanns Johst vor einer Münchner Spruchkammer, 7.7.1949 | INTERFOTO/sofla, 00826860

Hanns Johst wuchs als Sohn eines Volksschullehrers in Oschatz und Leipzig auf, wo er 1910 das Abitur machte. Sein Studium der Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte in Leipzig, München und Wien brach er 1915 ab, heiratete die vermögende Johanna Feder aus Nürnberg und wurde Schriftsteller. Zunächst gehörte Johst dem links-pazifistischen Milieu an und galt als Vertreter des literarischen Expressionismus. Unter dem Eindruck der Novemberrevolution 1918/19 in München wandte er sich völkisch-nationalen, antidemokratischen, antisemitischen und rassenbiologischen Positionen zu. 1919 erwarb er in Oberallmannshausen (Gemeinde Berg) am Starnberger See ein Landgut, wo er nahezu 60 Jahre lebte.

Hanns Johst war einer der hochrangigsten Kulturfunktionäre der NS-Zeit, gefeierter Dichter der nationalsozialistischen Bewegung und einer der ersten Mitglieder des 1928 von Alfred Rosenberg gegründeten nationalsozialistischen „Kampfbundes für deutsche Kultur“. Mit Stücken wie „Propheten“ (1922) und „Thomas Paine“ (1927) näherte er sich der völkisch-nationalistischen Ideologie an. Sein Schauspiel „Schlageter“ (1933) verherrlicht das Leben von Albert Leo Schlageter, den die Nationalsozialisten als Märtyrer vereinnahmten, und ist Adolf Hitler „in liebender Verehrung und unwandelbarer Treue“ gewidmet.

Hanns Johst trat 1932 in die NSDAP ein. Als Denker, Agitator, Redner und Propagandist nahm er bei der ideologischen Neuausrichtung des kulturellen Lebens in der NS-Zeit eine Schlüsselstellung ein. Er war Präsident der Sektion für Dichtkunst an der deutschen Akademie der Künste (1933) und an der Gründung der Union Nationaler Schriftsteller (1934) beteiligt. Er gehörte zu den 88 Schriftstellern, die im Oktober 1933 das „Gelöbnis treuester Gefolgschaft“ für Adolf Hitler unterzeichneten und wurde im Januar 1934 zum Preußischen Staatsrat berufen. Von 1935 bis Kriegsende war er Präsident der NS-Reichsschrifttumskammer und ab 1935 Mitglied (Nr. 274.576) der Allgemeinen SS. Sein langjähriger Freund, der Reichsführer-SS Heinrich Himmler, beförderte ihn bis zum Rang eines SS-Brigadeführers. 1944 wurde Johst in die „Gottbegnadeten-Liste“ aufgenommen, die 1041 renommierte Künstler*innen des NS-Regimes aufführte, und stand auf der Sonderliste der sechs wichtigsten deutschen Schriftsteller*innen.

Im Mai 1945 wurde Johst von amerikanischen Soldaten in Haft genommen und bis Oktober 1948 interniert. Bis 1952 hatte er Publikationsverbot. 1955 erschien seine letzte Veröffentlichung, der Roman „Gesegnete Vergänglichkeit“. Hanns Johst sah bis zu seinem Tod keinen Anlass, „seine ideologischen Axiome einer Revision zu unterziehen“ (Düsterberg, S. 125). Von der Öffentlichkeit nicht mehr zur Kenntnis genommen, lebte er bis kurz vor seinem Tod zurückgezogen in Oberallmannshausen.

Mitgliedskarte der NSDAP-Zentralkartei des Schriftstellers Hanns Johst, Eintrittsdatum 1.11.1932 | Bundesarchiv, NSDAP-Zentralkartei Hanns Johst

Quellen

Adam, Christian: Lesen unter Hitler. Autoren, Bestseller, Leser im Dritten Reich, Köln 2010.
Düsterberg, Rolf: Hanns Johst. Der Barde der SS. Karrieren eines deutschen Dichters, Paderborn 2004.
Düsterberg, Rolf: Hanns Johst - der Literaturfunktionär und Saga-Dichter, in: ders. (Hg.): Dichter für das „Dritte Reich“. Biografische Studien zum Verhältnis von Literatur und Ideologie. 19 Autorenporträts, Bielefeld 2009, S. 99 – 133.
Wulf, Joseph: Literatur und Dichtung im Dritten Reich: eine Dokumentation, Gütersloh 1963.

Empfohlene Zitierweise

Elisabeth Tworek: Johst, Hanns (publiziert am 02.11.2023), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/johst-hanns-397