1904 entstand in München ein privater jüdischer Kindergarten. Die politischen Verwerfungen am Anfang des 20. Jahrhunderts, wie die Flucht osteuropäischer Jüdinnen*Juden vor Pogromen in ihrer Heimat, der Erste Weltkrieg und Folgeerscheinungen von Krankheit, Hunger und Verelendung, zogen auch jüdische Familien in Mitleidenschaft. Kinder, deren Eltern verstorben waren, mussten versorgt werden. 1918 wurden zunächst drei Kinder längerfristig in dem jüdischen Kinderheim untergebracht. Getragen wurde das Heim von der Israelitischen Jugendhilfe e.V., die 1925 das Haus Antonienstraße 7 in Schwabing kaufte.
Während das Haus anfangs eher eine Auffangstation für Kinder aus prekären Verhältnissen war, diente es seit 1933 auch als Unterkunft für Kinder bereits emigrierter Eltern, die darauf hofften, ihre Kinder ebenfalls ins Ausland retten zu können. Angesichts der Beschränkungen und Diskriminierungen, denen jüdische Kinder und Jugendliche in der NS-Zeit unterworfen waren, stellte das Heim eine Insel des Friedens und einen geschätzten Rückzugsort vor dem Hass der Umwelt dar. Der ehemalige Bewohner des Kinderheims, Ernst Grube, erinnerte sich an ein „wahres Paradies“ mit einem „herrlichen Garten“, in dem die Kinder im Rahmen der Möglichkeiten behütet wurden (Grube, S. 44).
Insbesondere nach dem Pogrom vom November 1938 flohen viele Jüdinnen*Juden ins Ausland und versuchten, sich eine Existenz zu schaffen, bevor sie ihre Kinder nachholten. Das Pogrom hatte international Empörung hervorgerufen, und daraufhin fanden immerhin über 10.000 jüdische Kinder aus dem Deutschen Reich (mit Österreich), aus Polen und der Tschechoslowakei über die Kindertransporte von Ende November 1938 bis zum Kriegsbeginn Aufnahme in Großbritannien. Dazu zählten auch Kinder aus dem Münchner Heim.
Zu den schutzlosesten Opfern des Dritten Reiches gehörten jüdische Kinder. Die erste Deportation aus München vom November 1941 betraf u.a. 20 Kinder und vier Angestellte des Heims, die nach ihrer Ankunft im Ghetto Kaunas in Litauen sofort in Massenerschießungen ermordet wurden. Am 15.4.1942 wurde das Heim geräumt, die letzten 13 Kinder mussten in das Barackenlager Milbertshofen ziehen. Sie wurden entweder von dort oder aus der „Heimanlage für Juden“ in Berg am Laim in die Vernichtungslager verschleppt. Die Heimleiterin Alice Bendix begleitete die Kinder auf der Fahrt in den Tod.
Das Gebäude, das sich der „Lebensborn e.V.“ daraufhin widerrechtlich aneignete, wurde noch im Krieg zerstört. Heute erinnert eine von Hermann Kleinknecht entworfene Textsäule samt Fotografie in der Antonienstraße an das Heim und das Schicksal seiner Bewohner*innen.