Wolfgang Koeppen (23.6.1906 Greifswald – 15.3.1996 München)

Biographies
Verfasst von Ulla-Britta Vollhardt

Schriftsteller und bedeutender Vertreter der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur

Wolfgang Koeppen (1906-1996), Aufnahme vom Mai 1954 | Bayerische Staatsbibliothek München/Fotoarchiv Timpe, timp-007369

Der uneheliche Sohn einer Näherin und eines Augenarztes wuchs bei seiner Mutter in Greifswald, Thorn und Ortelsburg auf. Aus finanziellen Gründen ohne Schulabschluss geblieben, begann er 1919 als Volontär am Greifswalder Stadttheater, daneben besuchte er Vorlesungen in Germanistik an der Universität. In den folgenden Jahren schlug er sich mit Gelegenheitsarbeiten unter anderem in Hamburg und Berlin durch, wo er in Künstlerkreisen verkehrte und erste journalistische Erfahrungen sammelte. Sein Wunsch, als Theaterregisseur zu arbeiten, blieb trotz verschiedener Engagements als Dramaturg und Regieassistent, unter anderem in Wismar und Würzburg, unerfüllt. Seit 1931 schrieb er für den „Berliner Börsen-Courier“ und erhielt dort eine Anstellung als Feuilletonredakteur. Erste Prosaarbeiten entstanden. Nach der Einstellung des ehemals linksliberalen Blattes ließ sich Koeppen, der dem Nationalsozialismus distanziert gegenüberstand, 1934 in Holland nieder. Seine ersten beiden Romane erschienen 1934 und 1935 in Deutschland. 1938 kehrte er aus Versorgungsgründen nach Deutschland zurück und arbeitete als Drehbuchautor für die UFA und die Bavaria Filmkunst, weswegen er vom Kriegsdienst zurückgestellt wurde. Als die Einberufung drohte, tauchte Koeppen, seit 1944 in München, unter und überlebte den Krieg in Feldafing am Starnberger See.
Zurück in München, veröffentlichte Koeppen 1948 unter dem Titel „Jakob Littners Aufzeichnungen aus einem Erdloch“ anonym einen von ihm bearbeiteten Erlebnisbericht eines jüdischen Holocaust-Überlebenden, der jedoch wenig Resonanz fand. Zwischen 1951 und 1954 entstand Koeppens Hauptwerk, die „Trilogie des Scheiterns“, in der er sich kritisch mit dem Nachleben des Nationalsozialismus, der Verdrängung der NS-Verbrechen und den restaurativen Tendenzen in der frühen Bundesrepublik auseinandersetzte („Tauben im Gras“, 1951; „Das Treibhaus“, 1953; „Der Tod in Rom“, 1954). Zur Zeit ihres Erscheinens teils heftig umstritten, gilt die Trilogie heute als eine der bedeutendsten Schöpfungen der deutschen Nachkriegsliteratur. In den folgenden Jahrzehnten trat Koeppen mit Reiseberichten und Prosastücken hervor. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter 1982 den Kulturellen Ehrenpreis der Landeshauptstadt München, in der er bis zu seinem Tod 1996 lebte.

Wolfgang Koeppen, ‚Tauben im Gras‘, 1951

Quellen

Czoik, Peter: Wolfgang Koeppen, in: Literaturportal Bayern, URL: (Zugriff vom 24.11.2014)
Dittmann, Ulrich: Koeppen, Wolfgang: Tauben im Gras, 1951, in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: (07.10.2014)
Häntzschel, Günter/Häntzschel, Hiltrud (Hg.): Wolfgang Koeppen. Leben, Werk, Wirkung, Frankfurt am Main 2006.
Häntzschel, Günter/Leuschner, Ulrike/Ulrich, Roland (Hg.): Wolfgang Koeppen. 1906-1996, München 2006.
Hauswald, Anett/Ulrich, Roland (Hg.): Wolfgang Koeppen. Im Labyrinth des Schreibens, Greifswald 2006.
[Koeppen, Wolfgang:] Jakob Littners Aufzeichnungen aus einem Erdloch, München 1948.
Koeppen, Wolfgang: Tauben im Gras, Stuttgart/Hamburg 1951.
Koeppen, Wolfgang: Das Treibhaus, Stuttgart/Hamburg 1953.
Koeppen, Wolfgang: Der Tod in Rom, Stuttgart/Hamburg 1954.
Schnabel, Anja: Die NS-Vergangenheit im Schafspelz westdeutscher Restauration. Wolfgang Koeppens Nachkriegsromane als literarische Verarbeitung, in: Glienke, Stephan Alexander/Paulmann, Volker/Perels, Joachim (Hg.): Erfolgsgeschichte Bundesrepublik? Die Nachkriegsgesellschaft im langen Schatten des Nationalsozialismus, Göttingen 2008, 241-262.

Empfohlene Zitierweise

Ulla-Britta Vollhardt: Koeppen, Wolfgang (publiziert am 24.01.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/en/lexikon/artikel/koeppen-wolfgang-440